Z Gastroenterol 2008; 46 - K32
DOI: 10.1055/s-0028-1096452

Fallbericht eines Refeeding-Syndroms

S Strobl 1, F Rockmann 1, T Brünnler 1, J Langgartner 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Innere Medizin 1, Universität Regensburg

Anamnese und klinische Befunde: Eine 19-jährige Patientin mit Anorexia nervosa (161cm, 27kg, BMI 10,4kg/m2) wurde uns bei progredientem respiratorischen Versagen mit Sepsis bei Aspirationspneumonie zuverlegt. Im Rahmen einer Ernährung via Magensonde war es zuvor zur Eintrübung, Atonie und passivem Hochlaufen von Sondenkost gekommen, woraufhin die Patientin intubiert wurde. Apparative Befunde: Laborchemisch fand sich eine ausgeprägte Hypophosphatämie und Hypalbuminämie, eine leichtgradige Hypokaliämie und Hypomagnesiämie, zudem ein pathologisches Blutbild mit einer ausgeprägten Panzytopenie, eine reduzierte plasmatische Gerinnung und eine deutlich erhöhte Lipase. Bei massivem gastralem Reflux ergab sich CT-morphologisch kein Hinweis auf einen mechanischen Ileus oder Pankreatitis. Es zeigten sich jedoch ausgedehnte mit einer Aspirationspneumonie vereinbare Infiltrate. Die Aspirationspneumonie erklärte sich im Rahmen der fehlenden Schutzreflexe bei ausgeprägter neuromuskulärer Schwäche, welche wiederum durch die Hypophosphatämie bedingt war. Somit wurde bei dieser Konstellation die Diagnose eines Refeeding-Syndroms gestellt. Therapie und Verlauf: Unter engmaschigem Elektrolyt- und Phosphatmonitoring und jeweiliger Substitution, antibiotischer Therapie mit Imipenem und Vancomycin, Albumin- und Thiaminsubstitution und langsam aufbauender parenteraler Kost ließ sich die Patientin wieder stabilisieren. Bei initial stark eingeschränkter Oxygenierung trotz vorübergehender reiner Sauerstoffbeatmung (Horowitz-Quotient 65) wurde die Patientin zusätzlich kinetisch therapiert (Bauchlagerung), wodurch sich die Beatmungsparameter deutlich besserten. Schlussfolgerungen: Das Refeeding-Syndrom ist eine nicht zu unterschätzende Komplikation bei der Wiederaufnahme einer Ernährung nach längerer Nahrungskarenz. Dabei stehen ursächlich die Hypophosphatämie und Hypomagnesiämie sowie die sekundären schweren Elektrolytentgleisungen im Vordergrund, die im Rahmen einer gesteigerten Glykolyse auftreten und folglich zu schweren neurologischen, gastrointestinalen, hämatologischen, kardialen und respiratorischen Störungen führen können. Prinzipiell ist diese Erkrankung nicht auf die Anorexia nervosa beschränkt und auch nicht abhängig von der Art und Weise der Nahrungszufuhr.