Z Gastroenterol 2008; 46 - K25
DOI: 10.1055/s-0028-1096446

Magenulcus als primäre Manifestation eines Hodgkin-Lymphoms auf dem Boden einer rezidivierenden EBV-assozierten angiozentrischen Lymphoproliferation bei einem 21-jährigem Patienten

I Hartlapp 1, C Hoyer 1, J Schmid 2, P Adams 3, D Eichenauer 4, M Scheurlen 1
  • 1Medizinische Klinik und Poliklinik II, Universität Würzburg
  • 2Radiologische Klinik, Universität Würzburg
  • 3Institut für Pathologie, Universität Würzburg
  • 4Deutsche Hodgkin Studiengruppe (DHSG)

Kasuistik: Bei dem 21 Jahre alten Patienten waren seit dem 16. Lebensjahr wiederholt EBV-assozierte Lymphoproliferationen wechselnder Lokalisation mit Fieber und wandernden pulmonalen Rundherden aufgetreten (histologische Sicherung aus pulmonalem Herd 2001). Als Ursache war eine genetisch determinierte T-Zell-Funktionsstörung angenommen worden. Der Verdacht auf eine gravierende immunologische Dysregulation wurde durch eine schwere steroidrefraktäre Autoimmunthrombozytopenie sowie den Nachweis hochtitriger antinukleärer Antikörper sowie intermittierend von Antikörpern gegen doppelsträngige DNS unterstützt. Bereits 2 Monate vor der aktuellen Aufnahme war es zu einer massiven oberen GI-Blutung aus einem kardianahen, malignitätsverdächtigen Magenulkus nach Einnahme von NSAR bei gleichzeitiger Thrombozytopenie (<10G/L) gekommen, die unter hochdosierter PPI-Gabe und Immunglobulinsubstitution sistierte. Aktuell präsentierte sich der Patient mit antibiotikaresistetem Fieber vom undulierenden Typ seit 4 Wochen, hoher EBV-Kopienzahl (>70,000copies/mL), progredienten atypischen pulmonalen Infiltraten, und erneuter oberer Gastrointestinalblutung. Es fand sich eine gedeckte gastrale Perforation im Bereich einer Milzraumforderung mit Kontakt zur kardianahen großen Kurvatur des Magens als Ursache des bekannten Magenulcus. Zusätzlich bestand eine ausgeprägte Vergrößerung mediastinaler, mesenterialer und paraaortaler Lymphknoten. Aus einer endoskopischen Magenbiopsie wurde (bei gleichzeitigem Nachweis von LMP und EBV-DNA aus dem Ulkusmaterial) die Diagnose eines klassischen Hodgkin-Lymphoms (Stadium IVBEs) gestellt. Nach Einleitung einer Polychemotherapie mit dem ABVD-Schema kam es zu einer raschen Entfieberung und sonographischen Regredienz der Milzraumforderung. Eine molekulargenetische Diagnostik bezüglich eines vermuteten angeborenen Immundefekts mit fehlender Kontrolle von EB-Virusinfektionen ist bisher negativ. Schlussfolgerungen: 1. EBV-assoziierte Lymphoproliferationen oder maligne Lymphome können als schwere Komplikationen primärer und sekundärer Immundefekte auftreten. 2. Im vorliegenden Fall muss die chronische EBV-Virämie als Schrittmacher für die Entwicklung des Hodgkin-Lymphoms angenommen werden. 3. Der bei diesem Patienten vorliegende gastrale Befall stellt eine außerordentlich ungewöhnliche Manifestation eines Morbus Hodgkin dar (ca.0,1% aller HL). 4. Sowohl der Verlauf der Lymphommanifestationen am Magen als auch die erforderliche Chemotherapie werden durch die ausgeprägte Immundysregulation mit Autoimmunthrombozytopenie kompliziert.