Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2008; 18 - V21
DOI: 10.1055/s-0028-1096311

Botulinum Toxin A in der Behandlung chronischer Spastizität der oberen und unteren Extremität

M Herceg 1, O Schuhfried 1, T Paternostro-Sluga 1
  • 1Univ. Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Wien

Hintergrund: Das Neurotoxin Botulinum Toxin A (BTX A) hat sich zur pharmakologischen Behandlung der fokalen Spastizität bewährt. Die Ausschüttung von Acetylcholin an der motorischen Endplatte wird gehemmt und es kommt zu einer dosisabhängigen Parese der behandelten Muskulatur und somit zu einer Tonusreduktion. Dieser Vorgang ist reversibel und kann daher in größeren Abständen wiederholt eingesetzt werden.

Methodik

Intramuskuläre, EMG kontrollierte Injektion von BTX A. Die Re-Injektion nach klinischen Erfordernissen erfolgte im Abstand von mindestens 3 Monaten.

Beurteilung des Muskeltonus mittels modifizierter Ashworth Skala (MAS), ROM, Kraft (MRC-Skala), Motricity Index, Rivermead Motor Assessment, Rating of response Patient/Arzt, wurden erhoben.

Behandlungsziele:

Den individuellen Defiziten entsprechend wurden folgende Behandlungsziele angestrebt: Tonusreduktion, Funktionsverbesserung, Pflegeerleichterung, Kontrakturprophylaxe, ADL-Verbesserung und Schmerzlinderung.

Patienten:

Insgesamt wurden bisher 24 Patienten über einen längeren Zeitraum (bis zu 4 Jahren) in unserer Ambulanz mit Botulinum Toxin behandelt (10 Männer, 14 Frauen). Das Alter zum Zeitpunkt der ersten BTX-A-Behandlung lag durchschnittlich bei 56 Jahren (27 bis 77 Jahre). Die Diagnosen: cerebrale Blutungen, ischämische Insulte, St. p. OP, Geburtstrauma, Multiple Sklerose etc. Je nach Funktionseinschränkung und Zielsetzung wurden sowohl OE als auch UE behandelt.

Die Patienten erhielten 1 bis 9 Behandlungen, im Durchschnitt 4 Behandlungen. Die wiederholte Applikation hängt immer von der Tonuszunahme der betroffenen Extremität ab und variiert in den meisten Fällen. Zwischen den Behandlungen liegen zumindest 3–28 Monate; im Durchschnitt 8 Monate. Entsprechend den typischen spastischen Mustern zum größten Teil die Flexoren an OE und UE betroffen.

Zu 4 Kontrollzeitpunkten (Ausgangswerte, 3 und 6 Wochen sowie 3 und 6 Monate nach Injektion) wurden die Parameter erhoben.

Konklusion:

Die Therapieziele konnten in nahezu allen Fällen erreicht und mit wiederholten Injektionen gehalten werden. Die Zeitverläufe der Tonusveränderungen der behandelten Patienten werden dargestellt. Verschiedene mögliche Faktoren, die auf eine Tonuszu- bzw- abnahme Einfluss haben, werden diskutiert. In allen Fällen ist das zeitgerechte und an die Anforderungen angepasste Management der Therapien (Bewegungstherapie, Ergotherapie, funktionelle Elektrostimulation) im Wirkzeitraum des Medikaments von entscheidender Bedeutung.