Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2008; 18 - V8
DOI: 10.1055/s-0028-1096298

Der Patient mit peripherer Verschlusskrankheit: die Rolle der PMR von der Diagnose bis zur Rehabilitation

M Quittan 1
  • 1Institut für PMR, SMZ Süd, Kaiser Franz Joseph Spital, Wien

Fragestellung: Die periphere arterielle Verschlusserkrankung (PAVK) ist eine wichtige Manifestation der systemischen Arteriosklerose und zeigt eine klar altersabhängige Inzidenz mit einem Maximum von 7–8% bei der Altergruppe >70 Jahre. Auffällig ist, dass 10–50% dieser Patienten nie einen Arzt wegen ihrer Symptome aufsuchen. Die PAVK ist eindeutig mit einem erhöhten Risiko an kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität assoziiert.

Methodik: Die Ausbildungsordnung und das Rasterzeugnis des Sonderfaches Physikalischen Medizin und allgemeine Rehabilitation beeinhalten Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Patienten mit arteriellen Durchblutungsstörungen. Es wird eine Übersicht des derzeitigen „state of the art“ im Fachbereich gegeben.

Ergebnis: Das Leitsymptom der PAVK ist der ischämische Beinschmerz, entweder belastunginduziert (Claudicatio intermittens) oder bereits in Ruhe (kritische Extremitätenischämie). Die Ischämie führt zu einer massiven Beeinträchtigung der funktionalen Gesundheit. Betroffen sind sowohl Körperfunktionen (Schmerz, b280; Funktionen der Muskelkraft; b730; Funktionen der Muskelausdauer b740; Blutgefäßfunktionen, b415) als auch Körperstrukturen (kardiovaskuläre Strukturen, s410; bewegungsabhängige Strukturen, s710) sowie Aktivität und Partizipation (z.B. Mobilität, d410). Die Symptomatik besteht bei 1/3 der Patienten mit PAVK im typischen, belastungsabhängigen Wadenschmerz. Das nichtinvasive diagnostisches Mittel der Wahl ist die Bestimmung des Knöchel-Handgelenkindexes (Ankle-Brachial Index, ABI). Ein Wert von ≤0,90 in liegender Körperposition gilt als beweisend. Eine Veränderung von 0,15 ist klinisch relevant. Ein ABI >1.40 ist beweisend für inkompressible Arterien bedingt durch eine kalzifizierende Angiopathie bei Diabetes mellitus o.ä. Hier kann eine alternative Diagnostik wie eine Puls-Volumen-Ableitung weiterhelfen.

Als funktioneller Test gilt die Laufband Ergometrie (3.2 km/h, 10%–12% Steigung) mit Registrierung der relativen und absoluten Gehstrecke. Ein Abfall des ABI nach Belastung von 15%–20% hilft, eine asymptomatische PAVK zu demaskieren (1, 2).

Weiterführende invasive Methoden sind die Digitale Subtraktions-Angiographie, die CT-Angiographie sowie die MRT-Angiographie. Hierbei kann nicht nur die genaue Lokalisation und das Ausmaß der Gefäßverengungen dargestellt, sondern auch interventionell eingegriffen werden.

Konservativ-therapeutisch sind einerseits die Reduktion von Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie sowie eine antikoagulative Therapie, andererseits eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit wichtig. Letzteres kann vor allem durch ein systematisches Gefäßtrainingsprogramm erzielt werden (3). Ein Gehtraining über 3–12 Monate kann die absolute Gehstrecke um 150% verbessern. Wichtig hierbei ist, dass die einzelnen Trainingseinheiten mindestens 30 Minuten dauern und 3 mal pro Woche unter Supervision stattfinden (4). Eine langfristigen Führung der Patienten ist notwendig. Therapie, Sekundärprävention und Rehabilitation greifen eng ineinander. Die Funktionsfähigkeit der Patienten mit PAV'K wird nicht nur durch eine Verbesserung der Durchblutungssituation sondern auch durch Maßnahmen wie Einlagen- und Wundversorgung, Schuhzurichtungen, Gehhilfen bis hin zu Wohnungsadaptierungen verbessert.

Diskussion: Die konservativen Therapie sollte als kostengünstige Ansatz möglichst lange genutzt werden, um späteren kostspieligen Gefäßoperationen vorzubeugen bzw. diese hinauszuzögern.

Der Facharzt für PMR ermöglicht diese umfassende Betreuung und ist damit ein wichtiger Partner im interdisziplinären Behandlungsteam für Patienten mit PAVK (5).

Literatur: 1. Norgren L. On behalf of the TASC II Working Group. Inter-Society Consensus for the Management of Peripheral Arterial Disease (TASC II). J Vasc Surg 2007; 45 (Suppl 1): S5–S67.

2. Norgren L. On behalf of the TASC II Working Group. Inter-Society Consensus for the Management of Peripheral Arterial Disease (TASC II). Eur J Vasc Endovasc Surg 2007; 33 (Suppl 1): S1–S75.

3. Leng GC, Fowler B, Ernst E. Exercise for intermittent claudication. Cochrane Database of Systematic Reviews 2000, Issue 2.

4. Bendermacher BLW, Willigendael EM, Teijink JAW, Prins MH. Supervised exercise therapy versus non-supervised exercise therapy for intermittent claudication. Cochrane Database of Systematic Reviews 2006, Issue 2.

5. Spires MC, Henke PK. Lower Limb Peripheral Vascular Disease in Braddom RL. Physical Medicine and Rehabilitation, 3rd edition, Elsevier 2006, S 1351 ff.