Z Gastroenterol 2008; 46 - K21
DOI: 10.1055/s-0028-1089855

75-jährige Patientin mit obstruktivem Ikterus und Raumforderung der Gallenblase

V Zimmer 1, J Rädle 1, R Grobholz 2, A Bücker 3, M Bolli 4, M Schilling 4, F Lammert 1
  • 1Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Innere Medizin II, Homburg, Germany
  • 2Universitätsklinikum des Saarlandes, Institut für Allgemeine und Spezielle Pathologie, Homburg, Germany
  • 3Universitätsklinikum des Saarlandes, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Homburg, Germany
  • 4Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Allgemeine Chirurgie, Viszeral-, Gefäß- und Kinderchirurgie, Homburg, Germany

Fall: Zuweisung einer 75-jährigen Frau mit Verdacht auf Gallenblasenkarzinom (GBC) bei zunehmendem Ikterus und 10kg Gewichtsabnahme. Laborchemisch Cholestasekonstellation mit bildmorphologischem Nachweis einer multizystisch imponierenden, 10×10×13cm messenden Raumforderung der Gallenblase mit diffuser Wandverdickung bei Cholezystolithiasis und Übergreifen auf die Gallenblasenloge. Bei dilatierten Gallengängen weist die endoskopisch-retrograden Cholangiographie zusätzlich eine Choledocholithiasis nach; es erfolgen eine Sphinkterotomie und vollständige Konkrementextraktion. Bei Prallkontrastierung stummer Ductus cysticus und geringe Impression im mittleren Gallengang, vereinbar mit inkompletter Mirizzi-Situation. Ferner Feinnadelpunktion der liquiden Formation im Gallenblasenbett, welche putrides Material fördert; daher Erweiterung zu perkutaner Drainage. Mikrobiologisch Nachweis α-hämolysierender Streptokokken; zytologischer Befund vereinbar mit florider Entzündung.

Basierend auf diesen Befunden Entschluss zur offenen Exploration in der interdisziplinären viszeralmedizinischen Konferenz. Nach Adhäsioloyse offene Cholezystektomie mit intraoperativem Schnellschnitt, welcher das Bild einer xanthogranulomatösen Cholezystitis mit ausgedehnter Fibrose und dichter schaumzelliger Infiltration zeigt. Auch abschließend histopathologisch kein Hinweis auf Malignität.

Diskussion: Die xanthogranulomatöse Cholecystitis stellt als seltene lokal destruktive Verlaufsvariante einer chronischer Cholezystitis mit erheblicher Wandverdickung und fibrotisch-entzündlicher Umgebungsreaktion eine diagnostische Herausforderung dar. Pathogenetisch scheint eine Extravasation von lithogener Galleflüssigkeit in das Stroma der Wand durch rupturierte Rokitansky-Aschoff-Sinus mit nachfolgender Cholesterinpräzipitation und Fremdkörperreaktion im Vordergrund zu stehen. Die korrekte prä- und intraoperative Differentialdiagnose zu einem GBC bleibt problematisch, da hinsichtlich morphologischer Veränderungen ein weiter Überlappungsbereich besteht und beide Entitäten häufig koexistieren (bis 10% fokale GBC). Daher erscheint ein primär offenes chirurgisches Vorgehen mit Schnellschnitt zur Reduktion intraoperativer Fehleinschätzungen/chirurgischer Übertherapie sinnvoll.