Einleitung: Die chronische, funktionelle Obstipation wird in drei pathophysiologische Subgruppen
unterteilt – slow-transit-Obstipation (STO) und normal-transit-Obstipation (NTO),
sowie anorektale Entleerungsstörungen (ARE). Extrakolonische Manifestationen, insbesondere
Störungen der Dünndarmmotilität, sind für die STO bekannt, für die NTO und ARE jedoch
kaum studiert. Insbesondere die Pathophysiologie der NTO ist derzeit weitgehend unklar.
Ziele: Die Durchführung von ambulanter, jejunaler 24-Stunden-Manometrie in einer großen,
prospektiven Serie von klinischen Patienten mit chronischer Obstipation aller drei
Subgruppen.
Methodik: 56 konsekutive Patienten (45 Frauen, 11Männer, mittleres Alter 57 (50–87) Jahre,
aufgrund chronischer Obstipation in unser tertiäres, gastroenterologisches Zentrum
eingewiesen, wurden mittels Transitzeitmessung (Hinton-Test), Rektummanometrie, Defäkographie
und Ileokoloskopie den drei Subgruppen zugeordnet. Anschließend wurde eine ambulanten,
jejunale 24-h-Manometrie (3–6 Sensoren, standardisiertes Protokoll) durchgeführt.
Die computerisierte und visuelle (zwei unabhängige Untersucher) Auswertung wurde mit
Normalwerten verglichen, die zuvor an 50 Normalpersonen erhoben wurden (Gut 1996;
38:859).
Ergebnis: Kein Patient mit ARE (n=8), aber alle Patienten mit STO (n=32) und 94% der Patienten
mit NTO (n=16) zeigten abnorme Resultate in der Dünndarmmanometrie, sowohl in der
postprandialen, als auch der Fastenmotilität. Die Bandbreite abnormer Befunde reichte
von schweren Störungen mit kompletten Verlust des MMC-Zyklus bis zu subtilen Veränderungen
der Einzelkontraktionsparameter, die nur durch die computergestütze Auswertung analysiert
warden konnten. Dennoch lagen keine signifikanten Unterschiede zwischen STO und NTO
Patienten vor. Die meisten Ergebnisse deuteten auf eine zugrundeliegende enterische
Neuropathie hin.
Schlussfolgerungen: Die intestinale Langzeitmanometrie erweitert unser Verständnis der funktionellen
chronischen Obstipation vom STO und NTO-Typ. Nicht nur bei der STO, sondern auch der
NTO scheinen Störungen der Dünndarmmotilität eine wichtige Rolle zu spielen.