Im Rahmen von Entzündungen und der Metastasierung kommt es zur Durchwanderung von Leukozyten und Tumorzellen durch die Endothelzellwand in ein Zielgewebe. Der erste Schritt dieser Durchwanderung ist das „Zellrollen“, im Sinne einer lockeren Anheftung der Zellen an das Adhäsionsmolekül E-Selektin mit einer nachfolgenden Induzierung der weiteren Durchwanderungsschritte. Durch die Blockierung des Adhäsionsmoleküls E-Selektin können folglich Entzündungs- und Metastasierungprozesse moduliert werden. Die Liganden der Selektine sind komplexe Kohlehydrate, die Polylaktosamine und ihre Derivate, z.B. die sialylierte Lewisx-Substanz (sLex). Durch die Einführung von zwei eng benachbarten Glykosylierungsstellen in humanem Lysozym (=hLys II/IV) konnte wir ein Glykoprotein mit langen Polylaktosaminseitenketten und endständigen sLex-Gruppen herstellen. Durch Nutzung eines speziellen Plasmidvektors konnte eine Überexpression in CHO-FucTVI Zellen durchgeführt werden. Die Aufreinigung erfolgte durch eine Immunaffinitätschromatographie des Mediumüberstandes. Zur Überprüfung des Hemmpotentials der Substanz erfolgte ein statischer Adäsionsassay mit adhärenten, aktivierten HUVEC-Zellen (humane Endothelzellen) und U937-Suspensionszellen. Durch das Glykoprotein hLysII/IV-FucTVI konnte die Zelladhäsion von U937-Zellen an Endothelzellen in-vitro sehr effizient blockiert werden. Die ermittelte IC50 von hLysII/IVT-FUCTVI liegt bei 7*10–12M. Damit wäre diese Substanz der effektivste bisher bekannte E-Selektinblocker. Die Wirksamkeit von hLysII/IV-FUCTVI muss in weiteren Studien getestet werden. Sollten die Effekte auch in-vivo nachweisbar sein, so könnte durch die Substanz ein neuer Ansatz zur Therapie von Entzündungen und ggf. auch von Tumoren zur Verfügung stehen.