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DOI: 10.1055/s-0028-1089357
Einfluss des neuen MELD-basierten Allokationssystems auf das 3-Monatsüberleben nach Lebertransplantation: erste Erfahrungen 1 Jahr nach Umstellung der Kriterien zur Organvergabe
Seit dem 16.12.2006 erfolgt durch Eurotransplant die Organallokation bei der Lebertransplantation (LTX) nach der Dringlichkeit, basierend auf dem „Model for end stage liver disease“ (MELD). Während das vorherige System auf Wartezeit und Child-Pugh-Score beruhte, werden nun Patienten mit am weitesten fortgeschrittener Lebererkrankung bevorzugt. Da ein reduziertes Überleben nach LTX bei erhöhtem MELD-Score vor LTX beschrieben wurde, müsste die Umstellung auf ein MELD-basiertes Allokationssystem das Überleben nach LTX beeinflussen. Nach Ausschluss von Patienten mit akutem Leberversagen, kombinierter Organtransplantation und Lebendspende, wurden die Daten aller erwachsenen Patienten analysiert, die zwischen dem 01.01.2004 und dem 16.12.2007 in Hannover transplantiert wurden (n=327). 3-Monats-Überleben, Alter, Geschlecht, Indikation und biochemische Parameter der prae- (n=241) und der post-MELD-Kohorte (n=86) wurden erfasst und mittels Kaplan-Meier-Überlebens-Analyse, Mann-Whitney- und Fisher-Test verglichen.
Empfänger der post-MELD-Kohorte hatten vor LTX einen signifikant höheren MELD-Score (18,7 vs. 14,4p=0,009), basierend auf einem erhöhten Serumkreatinin (111,8 vs. 84,6µmol/l, p=0,001) und einer höheren INR (1,66 vs. 1,39p=0,032). Das Serumbilirubin (159 vs. 75µmol/l) war erhöht, jedoch nicht signifikant. Hauptindikationen in der prae- und der post-MELD-Kohorte waren: alkoholtoxische Zirrhose (19,1% vs. 15,1%), PSC (17,8% vs. 9,3%), Hepatitis-C (16,2% vs. 16,3%), Hepatitis-B (10,8% vs. 11,6%) und hepatozelluläres Karzinom (HCC) (12,4% vs. 23,3%, p=0,02); mit Ausnahme des HCC unterschieden sich die Indikationen zwischen beiden Kohorten nicht signifikant. Empfänger der post-MELD-Kohorte waren signifikant älter (51,1 vs. 47,8 Jahre, p=0,018). Das 3-Monatsüberleben sank von 88,4% vor auf 77,9% nach Umstellung des Allokationssystems (p=0,016).
Die bevorzugte Transplantation von Patienten mit weiter fortgeschrittener Lebererkrankung und höherem MELD hat in unserem Zentrum zu einer signifikanten Abnahme des 3-Monatsüberlebens geführt. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern und die Gesamtmortalität zu vermindern, sollte bei der Organallokation nicht nur die Dringlichkeit, sondern auch die Überlebenswahrscheinlichkeit nach Transplantation berücksichtigt werden.