Brustkrebs bei über 70-jährigen Frauen–Abweichen von der leitliniengerechten Therapie senkt Überleben und rezidivfreie Zeit

Einleitung: Durch die Steigerung der Lebenserwartung steigt die Anzahl der Frauen über 70 Jahren, die an Brustkrebs erkranken; allerdings gibt es kaum klinische Studien für diese Altersgruppe. In unserer Studie haben wir bei Frauen >70 Jahren die Assoziation von Leitlinienadhärenz mit Überleben (Overall survival=OAS) und Rezidivfreiheit (Disease free survival=DFS) untersucht. Methoden und Patienten: In dieser retrospektiven Studie wurden 1922 Patientinnen mit histologisch gesichertem Mammakarzinom eingeschlossen, die zwischen 1992 und 2005 an der Universitätsfrauenklinik Ulm behandelt wurden. Es wurde die Häufigkeit im Abweichen von der leitliniengerechten Therapie untersucht und die Assoziation mit OAS und DFS (Hazard Ratio=HR) mittels multivariaten Cox-Regressions-Analysen überprüft. Ergebnisse: Bei Patientinnen ≥70 Jahren wurde in bis zu 27% eine empfohlene Radiotherapie (9% <70 Jahren) nicht durchgeführt, dadurch wurde sowohl das OAS (HR=1,700, p=0.0048) als auch das DFS (HR=1,902, p=0.0002) signifikant vermindert. Eine empfohlene Chemotherapie wurde bei den Älteren (≥70 Jahre) in mehr als 50% und bei den Jüngeren (<70 Jahre) in 30% nicht durchgeführt; eine signifikante Assoziation mit OAS oder DFS wurde nicht beobachtet. Bei Durchführung einer Mastektomie (17–48% bei Älteren, <10% bei Jüngeren) statt empfohlener BET (Brusterhaltener Therapie) wurde das OAS (1.743, p=0.0422) und als Trend das DFS (1.580, p=0.071) vermindert. Schlussfolgerung: Bei Patienten über 70 Jahren wird häufiger von der empfohlen Therapie abgewichen als bei jüngeren Frauen. Der Verzicht auf gemäß den Leitlinien indizierte Radiotherapie scheint das OAS und DFS am meisten zu beeinflussen.