Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - PO_Endo_03_13
DOI: 10.1055/s-0028-1089183

Gestagene und das Mammakarzinom – Gestagene und Brustkrebs; die fehlenden Puzzleteile

C Giersig 1
  • 1Bundesinstitut für Arzeneimittel und Medizinprodukte, Bonn

Abstract

Die Unbedenklichkeit von Gestagenen bezüglich Brustkrebsrisiko muss wegen neuer Erkenntnisse kritisch hinterfragt werden. Dafür wurden Daten aus experimentellen Studien zu Sexualhormonen, klinischen und epidemiologischen Studien zu hormonellen Kontrazeptiva und zur Hormonersatztherapie (HRT) sowie Berichte über Brustkrebs als unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) von Gestagen-Mono-Kontrazeptiva (POC), kombinierten oralen Kontrazeptiva (COC) und HRT gegenübergestellt.

Ergebnisse: a) Progesteron führt zur Reaktivierung des Wachstums von Tumorimplantaten eines Hormonrezeptor-positiven, unter Estrogensubstitution degenerierten Mammakarzinoms1 b) Antiprogesteron unterdrückt diese Reaktivierung1 und verhindert die Entstehung von Karzinomen im Tiermodell für BRCA1-Genmutation2 c) bestimmte Progesteronmetabolite wurden als potente Regulatoren von Zellproliferation und Apoptose identifiziert3–5 d) Progesteron hemmt dosisabhängig die Apoptose in Mammakarzinomzellinien, auch Chemotherapie induzierte Apoptose6 e) die WHI-Studie zu HRT zeigt ein erhöhtes Brustkrebsrisiko für eine Estrogen-Gestagen Kombination, jedoch nicht für Estrogenmonotherapie7–9 f) in epidem. Studien zu POC ist eine systematische Patientenselektion sehr wahrscheinlich10 g) in einer epidem. Studie zum Brustkrebsrisiko unter COC11 wurde ein erhöhtes Risiko nur für die bis 1975 angewandten COC, nicht jedoch für die niedrigdosierten Nachfolger-COC nachgewiesen h) aus Deutschland wurden mehr Brustkrebsfälle zu POC als zu COC berichtet (111 vs. 12) i) die auffallende Ähnlichkeit der unter POC diagnostizierten Mammakarzinome untereinander und zu Mammakarzinomen, die in der Schwangerschaft diagnostiziert wurden, lässt ein gemeinsames Entstehungsmuster vermuten.