Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - PO_Geb_03_24
DOI: 10.1055/s-0028-1089104

Die Neuritis vestibularis als Differentialdiagnose der Hyperemesis in der Spätschwangerschaft–Zwei Fallberichte

S Wagner 1, M Kashiwagi 2, B Rodic 3, E Prentl 2, S Wagner 2, T Hess 2
  • 1Kantonsspital Winterthur, Winterthur, Schweiz
  • 2Kantonsspital Winterthur, Frauenklinik, Winterthur, Schweiz
  • 3Kantonsspital Winterthur, Neurologie, Winterthur, Schweiz

Einführung: Nausea und Erbrechen in der Spätschwangerschaft werden nach Ausschluss eines Infektes, einer Präeklampsie, endokrinologischer oder hepatobiliärer Ursachen meist symptomatisch mittels Hydrierung, Antiemetika u./od. Chlorpromazin i.v. behandelt. Wir präsentieren 2 Kasuistiken, bei denen nach Ausschluss o.g. Differentialdiagnosen als Ursache die seltene Neuritis vestibularis diagnostiziert wurde. Fallbericht: 2 Primiparae mit Nausea, Hyperemesis und Vertigo in der 25. bzw. 38. SSW. Primär Regredienz der Beschwerden unter Chlorpromazin i.v.. In beiden Fällen erneut massives Erbrechen mit konjunktivalen Einblutungen bei einer Patientin. Neurologisch beide mit einseitiger Falltendenz, pathologischem Spontannystagmus und positivem Kopfimpulstest in eine Richtung, welcher einen peripheren Vestibularisausfall kennzeichnet. Bei V.a. Neuritis vestibularis Beginn einer hochdosierten Steroidtherapie mit Prednison. Komplette Remission bei Beiden. Die Kinder wurden normgewichtig ohne perinatale Komplikationen am Termin geboren. Schlussfolgerung:Übelkeit und Erbrechen mit Drehschwindel, Spontannystagmus, Gangabweichung bzw. Fallneigung sowie einseitige periphere Vestibularisstörung sind für die Neuritis vestibularis pathognomisch. Die Inzidenz der Neuritis vestibularis liegt bei 3,5/100000. Beschreibungen in der Schwangerschaft liegen unseres Wissens nach in der Literatur nicht vor. Die Ursache ist noch unklar, eine virale Genese wird diskutiert. Wenngleich selten, sollte bei therapieresistentem Erbrechen in der Schwangerschaft zur Differentialdiagnose einer Neuritis vestibularis eine genaue neurologische Evaluation erfolgen. Als Standardtherapie gilt die perorale Steroidgabe.