Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - PO_Gyn_03_36
DOI: 10.1055/s-0028-1089066

Postpartaler Totalprolaps bei intaktem Beckenboden–Ein Case Report

M Kanzow 1, C Kümper 2, N Knöß 3, W Jonat 2, A Strauss 2
  • 1Universitätsfrauenklinik Kiel, UK-SH, Campus Kiel, Kiel
  • 2Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel
  • 3Klinik für Diagnostische Radiologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel

EINLEITUNG

Über einen Totalprolaps genitalis unmittelbar postpartal gibt es in der Literatur nur Einzelfallberichte.

FALLBESCHREIBUNG

32-jährige Ig Ip mit unmittelbar post partum aufgetretener 4 cm großer, prallelastischer, suburethral rechts gelegener Vaginalzyste. Spontangeburt und Wochenbett waren unauffällig verlaufen. Durch intraabdominelle Druckerhöhung (Bauchpresse) konnte die Patientin die Raumforderung bis vor den Introitus vaginae pressen (Totalprolaps). Vaginalsonographie und Zystoskopie zeigten, wie ein ergänzend durchgeführtes dynamisches MRT, keine direkte Beziehung zu umliegenden Organen und keinen direkten Anschluss zum Bauchraum. Die postoperative Histologie zeigte eine Müller-Gang-Zyste.

DISKUSSION

Vor den Introitus vaginae vorfallenden Strukturen des kleinen Beckens liegt ursächlich ein Deszensus genitalis (der Harnblase, Uterus, Darmanteile) oder eine Beckenbodenhernie zu Grunde. Im vorliegenden Fall war der Befund keiner dieser Entitäten zuzuordnen. Ein dynamisches MRT ermöglichte die multiplanare non-invasive Darstellung des kleinen Beckens und des hier beschriebenen, in seiner Position und Beweglichkeit höchst ungewöhnlichen Befundes. Durch die Darstellung der morphologischen und funktionellen Auswirkungen des Vasalva-Manövers auf den Beckenboden, konnte eine direkte Drucktransmission nach kaudal ausgeschlossen werden. Weder ein Deszensus genitalis noch eine Beckenbodenhernie waren Ursache des Totalprolaps. Interessant ist die Frage wie es mechanisch (ausschließlich durch Bauchpresse) gelingt, eine vollständig extraperitoneal, unterhalb des intakten Beckenbodens gelegene Vaginalzyste zum willkürlichen Prolabieren zu bringen.