Zeitschrift für Palliativmedizin 2008; 9 - PW_282
DOI: 10.1055/s-0028-1088518

THC als Antiemetikum bei Palliativpatienten: Eine prospektive Studie

I Blum 1, F Nauck 2, U Stamer 3
  • 1Malteser Krankanhaus Bonn, Zentrum für Palliativmedizin, Bonn
  • 2Universität Göttingen, Abteilung Palliativmedizin, Göttingen
  • 3Universität Bonn, Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Bonn

Fragestellung: Emesis (Übelkeit und/oder Erbrechen) ist ein häufiges und belastendes Symptom bei Palliativpatienten mit weit fortgeschrittener Tumorerkrankung. Cannabinoide können evtl. zur Symptomkontrolle beitragen [1]. In einer Pilotstudie wurde Wirksamkeit, Verträglichkeit und Nebenwirkungsprofil eines niedrig dosierten Titrationsschemas für THC (Delta-9-Tetrahydrocannabinol) untersucht. Methodik: Patienten mit weit fortgeschrittener Tumorerkrankung, die unter Emesis litten, wurden in diese prospektive Studie eingeschlossen. Eine Vortherapie mit anderen Antiemetika wurde abgesetzt und THC anhand eines standardisierten Protokolls oral verabreicht: (3×0,8mg/d, Dosissteigerung bis auf 3×3,2mg/d; Ausweichmedikation: Cyclicine, Levomepromazin). Demographische und krankheitsbezogene Daten, tägliches Auftreten von Übelkeit (Score 0–4), Anzahl der Erbrechensepisoden/d sowie Ausweichmedikation wurden dokumentiert. Ergebnisse: 26 Patienten (68,8±11,7 Jahre, Karnofsky-Index 40–80, Dauer der Emesis 2,6±5,5 Monate) wurden in die Studie eingeschlossen. Als Ursache für die Emesis standen tumorbedingte gastrointestinale Probleme im Vordergrund. 23 Patienten waren mit Opioiden vorbehandelt (Morphinäquivalent bei Aufnahme 113,4±190,3mg/d, bei Entlassung 146,7±187,6mg/d). Es konnten 241 Behandlungstage unter THC-Medikation mit einer mittleren Behandlungsdauer von 9,3±5,5d ausgewertet werden. Die Individuelle Maximaldosis variierte zwischen 2,4–9,6mg/d. Ausweichmedikation war bei 12 Patienten an 30 Zeitpunkten erforderlich. 6 Patienten zeigten unter der Behandlung mit THC eine gute Symptomkontrolle (Responder). Nebenwirkungen waren selten: 1 Patient mit Doppelbildern, die unter reduzierter Dosis verschwanden, 1 Patient mit Sedierung bei zusätzlicher Gabe von Levomepromazin. Insgesamt wurde die Therapie bei 14 Patienten abgebrochen, bei 6 Patienten wegen mangelnder Wirkung (Nonresponder), bei den restlichen Patienten war die THC-Wirkung nicht beurteilbar, z.B. wegen einer rascher Reduktion des Allgemeinzustandes. Schlussfolgerung: THC wurde in den verwendeten niedrigen Dosierungen von der Mehrheit der Patienten gut vertragen. Eine randomisierte, (Placebo)-kontrollierte Studie sollte den zukünftigen Stellenwert von THC in der Behandlung von Emesis bei Palliativpatienten mit weit fortgeschrittener Tumorerkrankung klären. Literatur: 1. Glare P et al. Support Care Cancer 2004, 12: 432–40.