Zeitschrift für Palliativmedizin 2008; 9 - FV_101
DOI: 10.1055/s-0028-1088430

Lebenssinn am Lebensende: Eine Erhebung mit dem Schedule for Meaning in Life Evaluation (SMiLE) bei Palliativpatienten

M Brandstätter 1, M Kramer 1, S Haarmann-Doetkotte 1, M Kögler 1, GD Borasio 1, M Fegg 1
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität, Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin, München

Fragestellung: Gerade am Lebensende stellt sich für viele Menschen die Frage nach dem Lebenssinn. Eine lebensbedrohliche Erkrankung kann zu Sinnverlust und Einbußen an Lebensqualität führen. Zur Erfassung dieses hochindividuellen Konstruktes wurde der SMiLE (Schedule for Meaning in Life Evaluation) entwickelt und an einer studentischen Stichprobe sowie an einer repräsentativen deutschen Stichprobe validiert. Die vorliegende Untersuchung berichtet über Inhalte und Ausprägung des Lebenssinns von Palliativpatienten, und vergleicht diese zur deutschen Repräsentativerhebung. Methode: Im SMiLE werden die Teilnehmer gebeten, 3–7 sinnstiftende Bereiche anzugeben. Jeder Bereich wird in Bezug auf Wichtigkeit und gegenwärtige Zufriedenheit eingeschätzt. Daraus werden ein Wichtigkeitsindex (Range 20–100), ein Zufriedenheitsindex (Range 0–100) sowie ein Index der gewichteten Zufriedenheit (SMiLE-Index, Range 0–100) errechnet. Die angegebenen Lebenssinnbereiche werden 13 aus der Repräsentativerhebung abgeleiteten Inhaltskategorien zugeordnet. Ergebnis: 100 Palliativpatienten nahmen teil und nannten im Mittel 5,3±1,6 sinnstiftende Bereiche. Die Zufriedenheit betrug 70,2±19,7, die Wichtigkeit 84,7±11,5 und die gewichtete Zufriedenheit 72,0±19,4. Die repräsentative Stichprobe (N=977) zeigte eine höhere Zufriedenheit (82,8±14,7; p<0,001) und gewichtete Zufriedenheit (83,3±14,8; p<0,001), unterschied sich jedoch nicht hinsichtlich der Wichtigkeit (85,6±12,3; ns). Insgesamt gaben Palliativpatienten signifikant mehr sinnstiftende Bereiche an als die Normalbevölkerung (3,8±1,4; p<0,001). Insbesondere nannten sie häufiger Partnerschaft, Freizeit, Spiritualität, Natur, Hedonismus und Wohlbefinden, während Gesunde häufiger den Bereich Arbeit als sinnstiftend angaben. Niedrigere Zufriedenheitswerte zeigten die Patienten insbesondere in den Bereichen Natur, Gesundheit und Hedonismus sowie zu einem geringeren aber dennoch signifikanten Ausmaß in den Bereichen Arbeit und Freizeit. Schlussfolgerung: Palliativpatienten nennen insgesamt mehr und andere Bereiche als sinnstiftend als Teilnehmer der Repräsentativerhebung, sind jedoch weniger zufrieden mit diesen. Neue Verfahren und Methoden sind nötig, um Palliativpatienten zu unterstützen, ihren Lebenssinn soweit möglich aufrechtzuerhalten. Mithilfe des SMiLE Verfahrens können individuell sinnstiftende Bereiche identifiziert werden, welche als Grundlage für eine Verbesserung der Lebenszufriedenheit am Lebensende herangezogen werden können.