Zeitschrift für Palliativmedizin 2008; 9 - EV_031
DOI: 10.1055/s-0028-1088429

Futility –Übertherapie am Lebensende? Gründe für ausbleibende Therapiebegrenzung in Geriatrie und Intensivmedizin

H Albisser Schleger 1, H Pargger 2, S Reiter-Theil 1
  • 1Abteilung Medizin- und Gesundheitsethik (MGE), Medizinische Fakultät, Universität Basel, Schweiz
  • 2Operative Intensivbehandlung, Universitätsspital Basel, Schweiz

Zusammenfassung:

Der Begriff der medizinischen Nutzlosigkeit ist kontrovers. Trotz fehlender Einigkeit über eine Definition von „Futility“ spielt das Konzept jedoch eine wichtige Rolle in Therapieentscheidungen, gerade am Lebensende.

Die qualitative Interviewstudie untersucht Stellenwert und Bedeutung des Begriffs „Futility“ aus der Sicht von ärztlichen und pflegerischen Mitarbeitenden in der Geriatrie und der Intensivmedizin. Sie belegt auf der Grundlage einer qualitativen Inhaltsanalyse von 52 halbstandardisierten Leitfadeninterviews, ein ethisches Problembewusstsein für Übertherapie in den klinischen Abteilungen (76% der befragten Ärzte und 86% der Pflegefachpersonen). Die Gründe für eine nicht erfolgte Therapiebegrenzung lassen sich zum überwiegenden Teil den Ärzten zuordnen. Innerhalb dieser Gruppe sind die Aussagen sehr vielseitig und reichen von Informationsdefiziten über inter- und intraprofessionellen Dissens bis zu Angst, Unsicherheit und überhöhtem Ehrgeiz. Diese Wahrnehmung von Problemen kann beim Personal zu Belastungen führen („moral distress“) und wirft die Frage nach einer angemessenen Patientenbehandlung auf.

Eine Liste von Fragen und eine gezielte Verbesserung hinsichtlich eines expliziten Entscheidungsprozesses sollen dabei helfen, Entscheidungen, die den Nutzen oder Schaden von Therapien betreffen, auf ethisch ausbalancierte Kriterien zu stützen.