Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2008; 18 - A29
DOI: 10.1055/s-0028-1087082

Der sogenannte unspezifische chronifizierte Kreuzschmerz bei Patienten mit Wirbelsäulendeformitäten – eine funktionelle Klassifikation

HR Weiss 1, S Bohr 1
  • 1Asklepios Katharina Schroth Klinik, Bad Sobernheim

Fragestellung: Bislang sind chronifizierte Kreuzschmerzen ohne radikuläre Symptomatik nicht näher klassifiziert und daher werden sie in der internationalen Terminologie als „unspezifisch“ bezeichnet. Bei der spezifischen Orthesenversorgung der betroffenen Patientengruppe verwenden wir funktionelle Testverfahren, die eine Vorhersage der Korsettwirkung ermöglichen. Auf der Grundlage dieser Testverfahren haben wir eine einfache funktionelle Klassifikation des chronifizierten Kreuzschmerzes bei Patienten mit Wirbelsäulendeformitäten entwickelt.

Material und Methode: Im Zeitraum von I/06 bis VII/07 haben wir bei der Indikationsstellung zur Versorgung mit einem Schmerzkorsett 133 Patienten funktionell getestet. Anwendung fand der sogenannte „sagittale Realignmenttest“ (SRT), ein lumbaler Hyperextensionstest und der „sagittale Delordosierungstest“ (SDT).

Ergebnisse: 117 Patienten haben im SRT und 13 Patienten im SDT mit ausgeprägter Schmerzlinderung reagiert (>/=2 Stufen besser nach Roland & Morris). 3 Patientinnen hatten in beiden Testverfahren keine wesentliche Schmerzlinderung. Bei den 16 Patienten, welche nicht vom SRT profitierten fand sich eine im Springing Test nachweisbare Hypermobilität oder eine Spondylolisthesis L5/S1. Bei den anderen Patienten prädominierte ein Verlust der lumbalen Lordose, ein Zustand, der nach heutigem Kenntnisstand deutlich mit Kreuzschmerzen korreliert. Die drei Patienten, welche von keinem der beiden Testverfahren profitierten, wurden im Erstergebnis deutlich durch eine entlordosierende Orthese mit isolierter Lordosierung über L2/3 gebessert.

Diskussion: Bis auf 3 Patienten konnten alle Betroffenen einer der beiden Gruppen zugewiesen werden und erfolgreich mit einem physio-logic®brace bzw. einem spondylogic® behandelt werden. Es ergibt sich somit eine klare funktionelle Zuordnung der indikationsgerecht behandelten Patienten zum „posturalen chronifizierten Kreuzschmerz“ oder zum „Instabilitätskreuzschmerz“. Bei einem kleinen Teil der Betroffenen liegt ein kombinierter Kreuzschmerz vor.

Schlussfolgerungen: Der chronifizierte Kreuschmerz von Patienten mit Wirbelsäulendeformitäten lässt sich funktionell nahezu eindeutig klassifizieren. Diese Klassifikation ist notwendig, um eine spezifische konservative Behandlung einleiten zu können.