Die Überprüfung der Validität von kognitiven Beeinträchtigungen anhand neuropsychologischer
Beschwerdenvalidierungstests hat einen hohen Stellenwert, wenn bei zu Begutachtenden
Konzentrationsstörungen differenzialdiagnostisch abgeklärt werden müssen. Der Word
Memory Test (WMT) ist ein etabliertes Verfahren zur Validierung von Gedächtnisbeeinträchtigungen
(1). Der Test nutzt das Prinzip der verdeckten Leichtigkeit, um suboptimales Leistungsverhalten
als Hinweis für nicht-authentische Gedächtnisstörungen aufzudecken. Bislang liegen
keine Daten vor, die das Leistungsverhalten bei Gedächtnisanforderung in Beziehung
setzen zu einem objektiven neurophysiologischen Parameter der Kognition.
Wir untersuchten die Häufigkeit von suboptimalem Leistungsverhalten mithilfe des WMT
bei 24 Probanden (Altersmittelwert 43 Jahre; Altersspanne: 21–63 Jahre), die u.a.
zur Abklärung der Ätiopathogenese von Konzentrationsstörungen begutachtet wurden.
Die Ausgangsdiagnosen waren HWS-Distorsionen, leichte Schädel-Hirntraumata, somatoforme
Schmerzstörungen und Depressionen. Als objektiver neurophysiologischer Parameter wurde
die zerebrale Verarbeitungszeit durch visuell evozierte ereigniskorrelierte Potenziale
(P 300) bestimmt. Bei 16 Probanden wurde eine altersentsprechende Latenz gefunden.
Aus dieser Gruppe lag die Leistung von fünf Probanden (31%) unterhalb des Cut-off
in mindestens einem der Parameter zur Erfassung der Leistungsbereitschaft des WMT
(Parameter „Immediate Recognition“, „Delayed Recognition“ und „Consistency“). Bei
acht Probanden wurden pathologische P 300 gefunden. In dieser Gruppe war bei vier
zu Begutachtenden mindestens einer der o.g. Parameter des WMT pathologisch.
Bei Gutachten zur Differenzialdiagnostik von Konzentrationsstörungen ist neuropsychologisch
in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen eine reduzierte Anstrengungsbereitsschaft
objektivierbar. Die Häufigkeit des suboptimalen Leistungsverhalten bei zu Begutachtenden
ohne Hinweis auf eine hirnorganische Schädigung steht im Einklang mit der Literatur
(2). Unsere Ergebnisse zeigen, das in Gutachtensituationen in großem Unfang mit suboptimalen
Leistungsverhalten zu rechnen ist, was durch genaue Aktenanalyse, Anamneseerhebung,
neuropsychologische und -physiologische Verfahren auch im Einzelfall konkret nachzuweisen
ist.
Literatur: [1] Green P (2005) Green's Word Memory Test. Green's Publishing. Edmonton, USA. [2]
Merten T, Friedel E & Stevens A (2006): Versicherungsmedizin 58