Einleitung/Fragestellung: In der Tabakprävention werden u.a. von der WHO und der BZgA zunehmend setting- und
zielgruppenspezifische Präventions- und Interventionsmaßnahmen gefordert. Angesichts
der regelmäßig am Arbeitsplatz verbrachten Zeit stellen berufsspezifische und betriebliche
Settings einen wichtigen therapeutischen Zugang dar. Die hier vorgestellte Studie
liefert erstmals auf Basis des Mikrozensus 2005 aktuelle und für die Bundesrepublik
repräsentative Daten zum Rauchverhalten und dessen Aufrechterhaltung innerhalb einzelner
Berufsgruppen. Methoden: Mittels einer amtlichen, bevölkerungsbasierten Zufallsstichprobe i.H.v. n=166.216
(Mikrozensus2005) wurden für die 80 verbreitetsten Berufsgruppen Raucher-, Exraucher-
und Nieraucher-Prävalenzen für alle Erwerbstätigen im Alter von 25 bis 65 Jahren entlang
der Standard-Klassifikation der Berufe (KldB92) ermittelt. Wegen des in Deutschland
geschlechtstypisch stark polarisierten Arbeitsmarktes und wegen geschlechtsspezifisch
erheblicher Prävalenzunterschiede erfolgten alle Analysen im Sinne des Gender Mainstreaming
für Männer und Frauen getrennt. Ergebnisse: Obgleich die absoluten Raucherzahlen in den letzten Jahrzehnten rückläufig waren,
verblieben relativ die Distanzen unter den Berufsgruppen konstant. So zeigen sich
im Jahr 2005 bei einfachen Dienstleistungs- und Industrieberufen, bei Bauberufen sowie
bei Verarbeitungsberufen mit manueller, repetitiver Tätigkeit und geringen Bildungsanforderungen
die höchsten Prävalenzen. Dagegen rauchen Erwerbstätige des tertiären Sektors (z.B.
Lehre, Ärzte und Wissenschaftler) am seltensten. Darüber hinaus schwankt die Nieraucherquote
bei weiblichen Erwerbstätigen stark zwischen Werten von 18% und 53%, während die Nieraucherquote
bei Männern über alle Berufsgruppen relativ einheitlich bei etwa 20% liegt. Schlussfolgerung: Alleinstellungsmerkmal dieser Studie ist die erstmalige Ermittlung berufsspezifischer
Rauchprävalenzen auf Basis eines derart großen und qualitativ hochwertigen Datensatzes.
Die letzten vergleichbaren, deutschen Studien hierzu stammen aus den Jahren 1988 und
1998. Insgesamt legen unsere Analysen arbeitsplatznahe/berufsgruppenspezifische Entwöhnungsangebote
insbesondere für die Hochrisikogruppen nahe, u.a. weil die relative Position der Berufsgruppen
konstant verblieb. Gerade innerhalb dieser Risikoberufe dürften die hohen Raucheranteile
der unmittelbaren Kollegen zusätzlich zu einer Stabilisierung des Rauchverhaltens
und zu einem ansteigenden Abhängigkeitsrisiko führen. Künftige Interventions- und
Therapieangebote sollten das betriebliche Setting, wie Kollegschafts- und Pausenstrukturen
sowie Anforderungen, Ermüdungsmuster und Stressexposition, berücksichtigen.
Literatur:
[1] Borgers D. Rauchen und Beruf: Rauchverhalten bei 125 ausgewählten Berufen. Prävention
1988; 1: 12–15
[2] Helmert U. Rauchen und Beruf. Eine Analyse von 100 000 Befragten des Mikrozensus
1995. Bundesgesundheitsblatt 1998; 41: 102–107
[3] Schüßler MN. Soziale Determinanten des Rauchverhaltens – Rauchen und Beruf. Diplomarbeit
Universität Mannheim. Lehrstuhl für Statistik und sozialwissenschaftliche Methodenlehre,
2008