Gesundheitswesen 2008; 70 - A147
DOI: 10.1055/s-0028-1086372

Untersuchung zu Einstellungen und Kompetenzen von Polizeibeamten des gehobenen Dienstes im Kontakt mit psychisch Kranken

U Suehlfleisch-Thurau 1, T Baer 1, U Lemke 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Rostock

Polizeibeamte sind häufig mit psychisch Kranken konfrontiert, die sich in Ausnahmesituationen befinden, nicht krankheits- und behandlungseinsichtig und dabei aggressiv oder suizidal sind. Polizeibeamte sind nicht oder nur unzureichend für diese schwierigen Situationen ausgebildet. So findet in der Ausbildung von Polizeibeamten in Mecklenburg-Vorpommern kein Unterricht über psychiatrische Erkrankungen und typische Verhaltensmuster von Betroffenen statt. Infolgedessen besteht bei den Beamten weitestgehende Unkenntnis mit der Gefahr von Fehldeutungen und Verhaltensunsicherheiten gegenüber exzentrischem und aggressivem Verhalten im Gefolge einer psychiatrischen Erkrankung. Mit einem spezifischen Programm in Form von Unterrichtseinheiten in der Weiterbildung von Polizeibeamten zum gehobenen Dienst an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege Güstrow soll zunächst Sachkenntnis zu relevanten psychiatrischen Krankheitsbildern vermittelt werden. In einem interaktiven Teil werden mittels Kleingruppenarbeit typische Konfliktsituationen zwischen Polizeibeamten und psychisch Kranken nachgestellt, analysiert und im Hinblick auf adaptive Problemlösung bearbeitet, um so die Kompetenz der Beamten zu stärken. In einem dritten Teil werden Psychiatrieerfahrene über ihre Erkrankung berichten, dabei können und sollen Vorurteile und Klischees kritisch hinterfragt werden. Zielstellung ist, durch spezifische Fortbildung sowohl die generelle Einstellung als auch die Kompetenz und Souveränität der Polizeibeamten im Kontakt mit psychisch Kranken zu verbessern, und dadurch Konfliktsituationen für beide Seiten zu entschärfen. Die teilnehmenden Polizeibeamten in der höheren Beamtenlaufbahn sind Multiplikatoren und können zu einer Verbesserung des Umgangs mit psychisch Kranken in ihren Dienststellen beitragen.Das genannte Trainingsprogramm wird durch ein cluster-randomisiertes Studiendesign (Kontrollgruppe ohne Training, Pre- Post-Messungen und Follow-up-Erhebung nach 6 Monaten) evaluiert. Die möglichen Effekte dieses Trainings werden auf unterschiedlichen Ebenen untersucht. Dabei wird a) das Wissen über psychische Erkrankungen, b) die Selbstwirksamkeitsüberzeugung im Umgang mit psychisch Kranken, c) die Einstellungen bezüglich der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen, d) die Einstellungen gegenüber psychisch Kranken/Stigmatisierung und e) die Kompetenz im Umgang mit psychisch kranken Menschen untersucht. Für die Bereiche a-c wurden in Voruntersuchungen eigene Messinstrumente entwickelt, bezüglich d) wird der CAMI-Fragebogen (Angermeyer et al., Psychiatr. Praxis 2003) eingesetzt. Bezüglich der Kompetenz im Umgang mit psychisch kranken Menschen wurden im Vorfeld Videosequenzen entwickelt, die Situationen des Polizeialltags in diesem Bereich nachstellen. Die Kompetenzprüfung erfolgt durch standardisierte Auswertung von Freitextangaben der Trainingsteilnehmer.