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DOI: 10.1055/s-0028-1086329
Aushandlung hilfreicher Handlungen. Das Verhältnis formeller und informeller Pflege in häuslichen Pflegesituationen
Einleitung/Hintergrund: Die Pflege durch Familienangehörige stellt nach wie vor die häufigste Form der Versorgung pflegebedürftiger Menschen dar. Allerdings gibt es in Deutschland eine Zunahme „gemischter“ Pflegearrangements, in denen sowohl Pflegedienste, als auch pflegende Familienangehörige involviert sind. Eine implizite Annahme in der Literatur ist, dass die Einbeziehung formeller/professioneller Pflegeanbieter einen positiven Effekt hat, allerdings gibt es ebenso Anzeichen dafür, dass die Einbeziehung formeller Hilfen einen destabilisierenden Effekt auf häusliche Pflegearrangements hat. Das Ziel dieser Studie bestand darin, aus der Sicht von Pflegefachkräften und pflegenden Angehörigen das Verhältnis von formeller und informeller Pflege zu rekonstruieren und Aussagen darüber zu treffen, wie sich dieses Verhältnis auf die tatsächliche Versorgungsgestaltung auswirkt. Methoden: In einer Grounded Theory Studie wurden 88 Interviews mit pflegenden Angehörigen (n=57) und Pflegefachkräften (n=31) geführt und durch substantielles und theoretisches Kodieren analysiert. Ergebnisse: Das Verhältnis zwischen formeller und informeller Pflege kann als Zusammentreffen zweier sehr unterschiedlicher Perspektiven bezeichnet werden. Es ist ein Aushandlungsprozess über die zu leistende Pflegearbeit und die Nützlichkeit der angewandten Interventionen und Handlungen. Die Perspektiven der Pflegekräfte und pflegenden Angehörigen unterscheiden sich erheblich, aber beide finden sich wieder im Prozess des Aushandelns hilfreicher Handlungen. Für die pflegenden Angehörigen ist dieser Prozess bestimmt durch das Ziel, in ihrer jeweiligen Situation die Pflege und Sorge zu ermöglichen. Die Arbeit der Pflegekräfte ist charakterisiert als die Gestaltung verschiedenen Realitäten. Schlussfolgerungen: Um eine tragfähige Unterstützung in häuslichen Pflegearrangements zu leisten, benötigen Pflegekräfte die Fähigkeit, sich auf Aushandlungsprozesse einzulassen und diese aktiv zu gestalten. Dabei gilt es, das gesamte Pflegearrangement zu berücksichtigen und nicht nur die Problemlage des individuellen Pflegebedürftigen. Entwicklungsarbeiten sind dringend erforderlich zur Konzeption von pflegerischen Interventionen zur Unterstützung pflegender Angehöriger.