Zusammenfassung
Fragestellung: Das Streben nach Autonomie im Jugendalter beeinflusst auch das Management der chronischen
Erkrankung der Jugendlichen. Wenig ist bisher darüber bekannt, wie Jugendliche die
eigenständigen Gespräche mit ihrem Reha-Arzt bewerten, ob sie diese Gespräche als
effektiv einstufen und welche Faktoren (Alter, Ängstlichkeit, Nervosität) die Sicherheit
in der Kommunikation mit dem Arzt beeinflussen.
Material und Methode: 179 chronisch kranke Jugendliche im Alter von 13,5 bis 19 Jahren wurden mit einem
Selbstauskunftsfragebogen während ihrer Rehabilitation befragt, inwieweit sie ihre
Arztbesuche am Wohnort selbstständig oder in Begleitung der Eltern durchführen. Die
selbsteingeschätzte Kommunikationseffektivität mit dem Reha-Arzt wurde durch die übersetzte
Version der Conversational Effektiveness Scale [1] erhoben. Die Erfassung der Ängstlichkeit/Nervosität im Kontakt mit dem Reha-Arzt
beruhte auf selbstformulierten Items.
Ergebnisse: 13,5% der Jugendlichen hatten zu Beginn der Reha noch nie allein mit ihrem Hausarzt
gesprochen, lediglich 23,2% führten immer/fast immer selbstständige Gespräche. Während
Mädchen signifikant ängstlicher im Kontakt mit dem Reha-Arzt waren als Jungen (p=0,021),
zeigten sich keine signifikanten Zusammenhänge zwischen Alter, Kommunikationseffektivität
und Ängsten. Die Korrelationsanalyse ergab, dass erhöhte Angst/Nervosität im Arztkontakt
einhergeht mit einer niedrigen Kommunikationseffektivität (r=0,409).
Diskussion: Eine effektivere Arzt-Patient-Kommunikation ist nur möglich, wenn Ängste nachhaltig
im Reha-Alltag abgebaut werden. Eine besondere Gruppe bilden weibliche Jugendliche,
welche unabhängig vom Alter höhere Angstwerte aufweisen als ihre männlichen Altersgenossen.
Schlussfolgerung: Ärzte in der Rehabilitation müssen sich bei jedem Jugendlichen auf Ängste einstellen
und über adäquate Kommunikationsstrategien verfügen, da das Alter oder Erfahrungen
in der eigenständigen Kommunikation keine Angstreduktion bedeuten.
Abstract
Purpose: The pursuit of autonomy during adolescence affects chronic disease management of
teenagers. To date, little is known about how adolescents rate independent conversations
with their rehabilitation physician, whether they classify these conversations as
effective and which factors (age, anxiety, excitement) influence the feeling of assurance
in communication with the doctor.
Materials and Methods: 179 chronically ill adolescents between 13.5 and 19 years, undergoing rehabilitation
treatment, completed a self-reported-questionnaire and were asked whether one of their
parents accompanies them when visiting a physician at home. For identification of
self-rated communication effectiveness with the rehabilitation physician, the translated
Conversational Effectiveness Scale [1] was employed. Self-phrased items were used to assess anxiety/excitement when communicating
with the rehabilitation physician.
Results: 13.5% had never spoken with a doctor alone and merely 23.2% always/almost always
have private conversations with their doctor. While female adolescents were significantly
more anxious than their male contemporaries, no relations were found between age,
conversational effectiveness and fears. Correlations show that increased anxiety/excitement
goes along with less conversational effectiveness (r=0.409).
Discussion: More effective physician-patient-communication is only possible, when fears are reduced
sustainably in rehabilitation. Female adolescents form a special group, showing higher
anxiety than males, independent of age.
Conclusions: Physicians in rehabilitation practice have to be prepared for different fears of
adolescents and need special communication skills, since increased age or previous
experiences with self-contained physician-patient conversation do not go along with
a reduction of anxiety.
Schlüsselwörter
Jugendliche - Rehabilitation - Arzt-Patient-Kommunikation - Angst
Key words
adolescent - rehabilitation - physician-patient-communication - anxiety