Ultraschall Med 2008; 29 - V93
DOI: 10.1055/s-0028-1085827

Quantifizierung der Plazentaperfusion mittels 3D-Powerdopplersonografie – eine neue Methode zur Beurteilung der Plazentafunktion?

S Dostert 1, M Büchner 1, A Falkert 1, B Seelbach-Göbel 1
  • 1Klinik für Geburtshilfe und Frauenheilkunde der Universität Regensburg, Klinik St. Hedwig/Krankenhaus Barmherzige Brüder

Einleitung: Histologische Untersuchungen zeigen, dass sich im Laufe der Schwangerschaft die Gefäßarchitektur und Perfusion der Plazenta ändert. Auch ist belegt, dass bestimmte Krankheitsbilder, wie die fetale Wachstumsretardierung oder Praeeklampsie mit Veränderungen im plazentaren Gefäßsystem einhergehen.

Die Dopplersonografie ist etabliert zur Beurteilung der maternalen und fetalen Gefäße.

Die Verhältnisse in der Plazenta selbst können bislang nur unzureichend mit diagnostischen Möglichkeiten erfasst werden

Die 3D-Powerdopplersonografie ist ein noninvasives Verfahren zur Beurteilung der Perfusion verschiedener Organe. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es mithilfe dieser Methode die plazentare Vaskularisation zu quantifizieren. Dargestellt werden sollen die Veränderung der Perfusion im Verlauf der Schwangerschaft und die Unterschiede bei Schwangerschaften mit fetaler Retardierung und zeitgerechter Entwicklung.

Methode: Im Rahmen einer prospektiven Studie wurden im Zeitraum von 8 Monaten bei 127 unauffälligen Schwangerschaften unterschiedlichen Gestationsalters (18–41 SSW) mittels 3 D-Powerdoppler die plazentare Gefäßarchitektur dargestellt. Von 2 unabhängigen Untersuchern wurden zunächst zeitgerecht entwickelte Einlingsschwangerschaften mit unauffälligen fetomaternalen 2D-Dopplerwiderstandsindices untersucht.

Mithilfe des integrierten VOCAL-utility (Virtual Organ Computer-Aided-AnaLysis, 3D View, v 2.0; General electric Medical Systems Milwaukee, WI, USA) wurden in repräsentativen Arealen (weder im Bereich des Nabelschnuransatzes, im Bereich von Plazentalakunen, noch randständi) eine virtuelle „Plazentabiopsie“ in Kugelform entnommen und anschließend in einem Histogramm der durchschnittlich Grauwert (Mean Grey (MG)), der Vaskularisationsindex (VI), der Flowindex (FI) und der Vaskularisations-Flowindes (VFI) dargestellt. Diese Werte sollen der Abschätzung der perfundierten Gefäße, der durchschnittlichen Blutflussintensität und den Blutfluss in Abhängigkeit von der Vaskularisation dienen. Bei fest vorgegebenen Voreinstellungen wurden jeweils 2 Messungen durchgeführt.

Nachfolgend wurde bei 45 Schwangerschaften aus einem Hochrisikokollektiv (Abdomenumfang unter der 5% Perzentile, pathologisch fetomaternale Dopplerwiderstandsindices) in analoger Weise in der 3D- Powerdopplersonografie die Perfusionsindices bestimmt und mit denen von unauffälligen Schwangerschaften verglichen.

Bei 12 in der 20. SSW unauffälligen Schwangerschaften wurden serielle Untersuchungen im Abstand von 4 Wochen bis zur Geburt vorgenommen.

Ergebnisse: Im Verlauf der Schwangerschaft nehmen die Werte für VI,FI und VFI im Normalkollektiv zu. Für diese Indices ergibt sich im Bezug auf die Schwangerschaftsdauer eine Korrelationskoeffizient (Korrelation nach Pearson) von 1. Der Zusammenhang ist höchst signifikant (p<0,001). Bei der Eingruppierung der Schwangerschaftswochen in die Intervalle <20 SSW, 20–30 SSW,>30 SSW finden sich deutlich unterschiedliche Mittelwerte für die beschriebenen Indices. Diese betragen beispielsweise für VI 11 (<20 SSW), 26 (20–30 SSW) und 56 (>30 SSW).

Die Ergebnisse des follow-up der 12 Schwangerschaften decken sich mit diesen Ergebnissen.

Besteht eine Plazentainsuffiziens findet sich diese eindeutige Korrelation der Zunahme der Indices mit der Anzahl der Schwangerschaftswochen nicht.

Die Werte für VI,FI und VFI liegen bei Schwangerschaften mit Plazentainsuffiziens höher als im Normalkollektiv. Hochsignifikant ist der Unterschied für Messungen in der 25–32. SSW.

Beim Vergleich von Schwangerschaften mit >32 SSW unterscheidet sich die Perfusion von retardierten Foeten zu zeitgerecht entwickelten Foeten nicht in dieser Deutlichkeit.

Diskussion: Die Zunahme von VI,FI und VFI im Verlauf der Schwangerschaft entspricht den Zunahme des plazentaren Gefäßssystems und der Durchblutung, wie sie uns aus histologischen Untersuchungen bekannt sind.

Somit scheint die von uns durchgeführte Plazentabiopsie mit Bestimmung der oben gennanten Indices die vaskulären Verhältnisse in der Plazenta gut abzubilden. Die Methode scheint deshalb als zusätzliches diagnostisches Werkzeug geeignet.

Bei retardierten Foeten zeigt dieses Verfahren ein Hyperperfusion an. Dieses deckt sich mit den Erkenntnissen über Neoangiogenese und gesteigerte Perfusion als Kompensationsmechanismus bei retardierten Feten. Am Ende der Schwangerschaft kann die Perfusion nicht mehr in dem Maße erhöht werden wie in früheren Schwangerschaftswochen, da hier bereits eine physiologisch gesteigerte Perfusion vorliegt.

Dieses entspricht ebenfalls den Erfahrungen aus der Praxis. Die Fetometrie wird erst spät auffällig (z.B. AU an 5% Perzentile). Dann wenn die Kompensation nur noch eingeschränkt möglich ist.

Die 3D-Powerdopplersonografie kann eventuell eine beginnende Plazentainsuffiziens früher anzeigen.

Schlussfolgerung: Mittels der virtuellen Plazentabiopsie und Quantifizierung der Perfusion durch die oben genannten Indices erscheint es möglich die vaskulären Vorgänge in der Plazenta darzustellen. Dazu wird es notwendig sein dass Verfahren weiter zu standartisieren und Normwerte zu definieren.

Keywords: Plazentaperfusion, 3D-Powerdopplersonografie, Perfusionsindices, Retardierung