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DOI: 10.1055/s-0028-1085815
Der Punktionssimulator – eine neue Methode zur Übung ultraschallgesteuerter invasiver Eingriffe
Einleitung: Ultraschallgesteuerte invasive Eingriffe sind fixer Bestandteil der klinischen Routine. Als minimal-invasives Verfahren ist das erklärte Ziel, dass unter Schonung der Gesundheit der Patientin Gewebsflüssigkeit zur weiteren Diagnostik gewonnen wird. In der Frauenheilkunde kommt dieses Verfahren in der Punktion von Mammazysten und vor allem in der Pränatalmedizin zur Anwendung. Eine der gefürchteten Komplikationen der invasiven pränatalen Diagnostik ist der Abort. Gerade in der heutigen Zeit von sinkenden Geburtenzahlen und steigender gesellschaftlicher sowie mütterlicher Erwartungshaltung Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, ist eine durch invasive pränatale Diagnostik verursachte Fehlgeburt zu vermeiden. Frauen werden zu einem immer späteren Alter schwanger, Komplikationen wie Fehlgeburten sind in der Lebensplanung nicht vorgesehen.
Es stellt sich daher der Anspruch ideale Voraussetzungen zu schaffen, um dadurch die Komplikationsrate gering zu halten. Dabei konnte sowohl für die Amniocentese (Anandakumar et al 1992) als auch für die Chorionzottenbiopsie (Wijnberger et al. 2000) nachgewiesen werden, dass hierfür die Übung des Operateurs von entscheidender Bedeutung ist. Die Rate an Komplikationen sinkt mit steigender Anzahl der von einem Untersucher durchgeführten Punktionen. Daraus ergibt sich schon fast zwingend die Forderung, dass derartige Eingriffe vor Durchführung an der Patientin an einem Modell geübt werden sollen. Dass sich durch Übung am Modell eine hinreichende Verbesserung der technischen Durchführung erreichen lässt, wurde bereits beschrieben (Nizard et al 2002).
Material und Methode: An dieser Stelle möchten wir ein neuartiges System zur Simulation der ultraschallgesteuerten Punktion und deren Evaluation vorstellen.
Der Ultraschallsimulator simuliert basierend auf echten 3D Ultraschallaufnahmen die Situation einer sonografischen 2D Untersuchung. Das System besteht aus einem PC, einer Patienten-Puppe, der Simulator Software und einem Gerät (Trackingsystem) zur Bestimmung der Position und Orientierung der Schallkopfattrappe während der „Untersuchung“ der Puppe. Analog zur realen Untersuchung berechnet der Simulator in Echtzeit Schnittbilder aus dem 3D Datensatz und zeigt diese, möglichst realitätsnahe zu einem echten Ultraschallgerät, auf dem Bildschirm an. Dabei können die wichtigsten Schallparameter wie Eindringtiefe, Kontrast und Helligkeit wie gewohnt verändert werden.
Für die Simulation einer ultraschallgeführten Punktion wurde der bestehende Simulator erweitert und zusätzlich an einer echten Punktionsnadel ebenfalls ein 3D Tracking System befestigt (DriveBay, Fa. Ascension). Dieses System erfasst in Echtzeit die Position und Orientierung der Nadel im Raum, während parallel dazu die Schallkopf-Attrappe während der simulierten Punktion ebenfalls mit einem Tracking System verfolgt wird. Somit ist sowohl die Position und Richtung der Nadel als auch die Lage der simulierten Schallebene im Raum bekannt und es lässt sich der Schnittpunkt der Nadel mit der virtuellen Schallebene berechnen. Sofern der berechnete Schnittpunkt innerhalb des simulierten Schallfeldes ist wird dieser vom System, ähnlich dem Effekt der Nadel im echten Schallbild, als helles (punktuelles) Echo markiert. Falls die Nadel parallel zur Schallebene geführt wird und dabei vom angenommenen Schallfeld getroffen wird erfolgt die Darstellung hingegen, ebenfalls analog zur Realität, als helle Linie innerhalb des simulierten Ultraschallbildes. Ein Freiheitsgrad der Simulation ist hierbei die Größe des angezeigten Nadelpunktes bzw. die Helligkeit der Nadel im simulierten Schallbild – beide Parameter können vom System je nach Schwierigkeitsgrad und gewünschter Realitätsnähe variiert werden.
Dieses Punktionsmodell wurde in seiner Anwendung von 22 Personen evaluiert. Nach ausführlicher Testung des Modells wurden durch Fragebögen Informationen über die Untersuchenden gesammelt und die Beurteilung des Systems festgehalten.
Ergebnis: 63% der Teilnehmer waren Facharzt der Frauenheilkunde, der Rest Assistenzärzte und nur wenige Studenten. 60% waren zumindest zertifiziert nach DEGUM Level 1.
96% erachteten die Ultraschallaus- und -weiterbildung als prinzipiel verbesserungswürdig, alle fanden hierfür den Ultraschallsimulator als geeignetes Mittel.
In der technischen Realisation der Punktionssimulation beurteilten 82% die Bildqualität als zumindest gut, 77% meinten, dass die Nadelbewegungen im Bild gut bzw. sehr gut realitätsgetreu abgebildet werden. 50% beurteilten den Punktionswiderstand als akzeptabel, 40% meinten er sei gut/sehr gut.
Abschließend erachten 96% ein Training der Amniocentese/Chorionzottenbiopsie/Chordozentese am Punktionssimulator vor der ersten Durchführung an der Patientin als sinnvoll, ebensoviele wünschten sich eine fixe Integration selbiger in die Aus- und Weiterbildung.
Schlussfolgerung: Durch die besondere Tragweite der Komplikationen bei invasiven pränatalmedizinischen Eingriffen erhebt sich die Forderung nach einer hohen Untersucherkompetenz. Da sich diese wiederum nur durch die praktische Durchführung derselben erreichen lässt stellen sich im Sinne der Qualitätssicherung zwei Forderungen: Erstens, dass derartige Eingriffe in die Hände von Spezialisten gehören, die eine gewisse Mindestanzahl von Punktionen pro Jahr durchführen. Zweitens, dass die Schwangere nicht als Übungsobjekt dienen darf, sondern die Durchführung der Punktion zuvor am Simulator erlernt werden muss.
Hierfür wurde ein neuartiger Punktionssimulator entwickelt und evaluiert. 96 Prozent der Probanden wünschen sich die Integration des Punktionssimulators in die Standardausbildung.
Keywords: virtuelle Sonografie, Ultraschallsimulator, invasive Eingriffe