Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0028-1085757
Hämangiom, Hämangioperizytom, hepatozelluläres Karzinom oder neuroendokrines Karzinom – eine langwierige Diagnose und Lösung eines rätselhaften Falls beim Dreiländertreffen in Leipzig
Im September 2007 stellt sich ein 54-jähriger Patient ambulant zur Kontrastmittelsonografie vor.
Anamnese und klinischer Befund:
Der Patient berichtet über eine seit 16 Jahren bekannte Leberraumforderung, die von 1cm Größe auf jetzt größer 10cm Größe wachse. In diesem Zeitraum seien mehrere Sono, CT und NMR-Untersuchungen durchgeführt worden. In den schriftlichen Befunden wird die Läsion mehrfach als Hämangiom beschrieben, aufgrund der Größenprogression wird 2007 erstmals eine histologische Sicherung der Diagnose empfohlen. Klinisch ist der Patient beschwerdefrei; es liegen außer einer leichten Hypertonie keine pathologischen Befunde vor.
Sonografischer Befund:
Aktuell zeigt sich im B-Bild ein 12cm großer echoreich-inhomogener Tumor im rechten Leberlappen, unregelmäßig begrenzt, mit vereinzelten Kalzifikationen und zystischen Arealen. In der Farb-/Power-Doppler-Sonografie lassen sich im Randbereich der Tumors Gefäße nachweisen: der überwiegenden Anteil des Tumor ist hypovaskularisiert. Im B-Bild und Farb-Doppler ist die Tumordignität unklar. In der Kontrastmittelsonografie zeigt sich ein arteriell stark hypervaskularisierter Tumor, der in Spätphase nach 2 Minuten in den soliden Tumorarealen leicht hypokontrastiert erscheint. Die Verdachtsdiagnose nach der Kontrastmittelsonografie lautet „Hypervaskularisierter Tumor mit Zeichen der Malignität – DD unter Berücksichtigung des Verlaufs am ehesten neuroendokriner Tumor“– es wird eine Biopsie und eine Chromogranin A Bestimmung empfohlen.
Verlauf:
Der Patient wird kurzstationär im Oktober 2007 biopsiert – es werden 3 Gewebezylinder aus dem 12cm großen Tumor entnommen (Trucut 18 G-Nadel). Der histologische Befund aus den Gewebezylindern ergibt „normales – tumorfreies Lebergewebe“. Die Zytologie angefertigt aus einem Teil dieser Leberzylinder ergibt den Befund semimaligner Tumor, am ehesten Hämangioperizytom. Es erfolgt die operativen Resektion des Tumors im November 2007. Präoperativ wurde aufgrund des erhöhten Chromogranin A-Spiegels noch eine SMS-Szintigrafie durchgeführt, die einen hochpositiven Befund nur in der Leber zeigt. Die histologische Diagnose des Leberresektat lautet hepatozelluläres Karzinom mit neuroendokriner Differenzierung. Diese Diagnose überrascht den Kliniker und es erfolgt die Rücksprache mit dem Pathologen mit der Bitte, den Befund nochmals zu überprüfen und den Befund „HCC“ zurückzunehmen. Nach ergänzenden immunhistochemischen Untersuchungen mit pathologischer Zweitbeurteilung erfolgt die Diagnose „Neuroendokrines primär hepatisches Karzinom“ im Dezember 2008.
Schlussfolgerung/Abschließender Kommentar: Seltene Tumorentitären (wie Hämangioperizytom) haben keine spezifischen Muster in der Bildgebung. Die relativ häufige Diagnose „neuroendokriner Tumor“ war anhand des Verlaufs bereits im September 2007 zu vermuten. Die abschließende histologische Diagnose eines primär hepatisch neuroendokrinen Karzinoms ist selten. Meist handelt es sich bei neuroendokrinen Tumoren in der Leber um Metastasen eines extrahepatisch lokalisierten Primärtumors. Die Diskussion zwischen Klinikern und Pathologen muss gepflegt werden, um voneinander zu lernen. Für unseren Patienten hatte dies eine erhebliche prognostische Bedeutung.
Keywords: Kasuistik; unklarer Lebertumor; Kontrastmittelsonografie; Pathologie; Hämangiom, Hämangioperizytom; hepatozelluläres Karzinom, Neuroendokrines Karzinom.