Klin Padiatr
DOI: 10.1055/a-2710-7277
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Alveolarkapilläre Dysplasie bei FOXF1 Mutation als Differentialdiagnose bei therapierefraktärer persistierender pulmonalen Hypertension (PPHN)

Alveolar capillary dysplasia with FOXF1 mutation as differential diagnosis in refractory persistent pulmonary hypertension (PPHN)

Authors

  • Hannah Weller

    1   Kinder und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany (Ringgold ID: RIN37734)
  • Anne Hickmann

    2   Kinder und Jugendmedizin, Sektion Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Universität Hamburg Medizinische Fakultät, Hamburg, Germany (Ringgold ID: RIN371051)
  • Julia Heiter

    2   Kinder und Jugendmedizin, Sektion Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Universität Hamburg Medizinische Fakultät, Hamburg, Germany (Ringgold ID: RIN371051)
  • Dennis Klinkenberg

    3   Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg, Klinik und Poliklinik für Kinderherzmedizin und Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern, Universität Hamburg Medizinische Fakultät, Hamburg, Germany (Ringgold ID: RIN371051)
  • Jochen Herrmann

    4   Abteilung für Kinderradiologie, Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Nuklearmedizin, Universität Hamburg Medizinische Fakultät, Hamburg, Germany (Ringgold ID: RIN371051)
  • Dominique Singer

    2   Kinder und Jugendmedizin, Sektion Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Universität Hamburg Medizinische Fakultät, Hamburg, Germany (Ringgold ID: RIN371051)
  • Mario Lange

    5   Kinder und Jugendmedizin, Sektion Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Germany (Ringgold ID: RIN37734)

Fallpräsentation

Anamnese

Die Kasuistik beschreibt ein reifes, spontan geborenes Neugeborenes mit einem Geburtsgewicht von 3085 g. Nach unauffälliger respiratorischer Anpassung, fiel im routinemäßig am 2. Lebenstag durchgeführten Pulsoxymetrie-Screening eine unzureichende Sauerstoffsättigung von 75% auf. Die Schwangerschaft verlief komplikationslos mit regelmäßig durchgeführten Vorsorgeuntersuchungen.

Nach Verlegung in ein Perinatalzentrum Level 1 versuchte man zunächst eine Stabilisierung mittels CPAP-Atmungsunterstützung unter der Arbeitsdiagnose einer respiratorischen Insuffizienz zu erreichen. Bei klinischen sowie echokardiographischen Zeichen einer PPHN (persistierende pulmonale Hypertonie des Neugeborenen) war ab dem 3. Lebenstag eine kreislaufunterstützende Therapie notwendig. Am 6. Lebenstag wurde das Neugeborene bei rapider Verschlechterung der PPHN intubiert und zur iNO-Therapie sowie zur Evaluation einer ECMO-Therapie unter der Verdachtsdiagnose einer übergeordneten Lungengefäßerkrankung in unsere Klinik verlegt.


Aufnahmeuntersuchung

Bei Aufnahme war das Neugeborene intubiert, beatmet und zeigte unter milder Analgosedierung eine seitengleiche Spontanmotorik. Es ließ sich ein seitengleiches Atemgeräusch auskultieren, das Hautkolorit war blass und die peripheren Pulse kräftig tastbar. Die Herztöne waren rein und rhythmisch. Der Reflexstatus war orientierend unauffällig und es zeigten sich keine äußeren Fehlbildungen.


Laborbefunde

Laborchemisch und mikrobiologisch ergab sich kein Hinweis für eine Infektion. Die Blutkultur blieb steril. Auch virale Erreger sowie eine mögliche immunsupprimierende Erkrankung wie eine Infektion mit dem Humanen Immundefizienz Virus wurden untersucht und ausgeschlossen.

Unter intensiver invasiver Beatmung war in der Blutgasanalyse bei Aufnahme eine deutliche Oxygenierungsstörungen festzustellen und die pulsoxymetrischen Sauerstoffsättigungen waren sowohl präduktal als auch postduktal unzureichend. Eine Decarboxylierungsstörung zeigte sich zunächst nicht.


Bildgebende Diagnostik

Radiologisch ließ sich bei Aufnahme in unserer Klinik am 7. Lebenstag eine Minderbelüftung des rechten Oberlappens darstellen ([Abb. 1A]), die sich durch Lagerungsveränderungen im Verlauf zurückbildetete ([Abb. 1B]). Radiologisch zeigte sich kein Anhalt für ein Atemnotsyndrom des Neugeborenen.

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Abb. 1 Röntgen Thorax Untersuchungen bei einem weiblichen Neugeborenen jeweils unter Beatmung am 7. Lebenstag (A) und 10. Lebenstag (B). Die initial nachweisbare Oberlappenatelektase rechts (Pfeilkopf) hat sich im Verlauf weitestgehend aufgelöst. Persistierend findet sich in allen Lungenabschnitten eine diffuse, teilweise retikulär imponierende Transparenzminderung mit positivem Bronchopneumogramm. Der Lungenultraschall, durchgeführt an Lebenstag 8, zeigt ebenfalls eine diffuse Echogenitätsanhebung im Sinne eines interstitiellen Musters (*).

Eine Lungenvenenfehlmündung wie auch andere extrakardiale Shuntverbindungen konnten im Rahmen einer CT-Untersuchung ([Abb. 2]) ausgeschlossen werden. Es zeigten sich jedoch multiple minderbelüftete Areale. Weder in der ZNS - noch Abdomen Sonografie zeigten sich Anzeichen für angeborene Fehlbildungen.

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Abb. 2 Computertomographie (CT) des Thorax mit Kontrastmittel bei einem weiblichen Neugeborenen am 10. Lebenstag in axialer (A, Weichteilfenster; B, Lungenfenster) und koronarer Rekonstruktion (C, Lungenfenster). Bei insgesamt regelrechter, kardialer Anatomie zeigt sich eine erweiterter, rechtsventrikulärer Ausflusstrakt (A, Markierung mit Stern; Durchmesser 12,2 mm, 2,81 z) vereinbar mit einer pulmonal-arteriellen Hypertonie. Das Lungenparenchym zeigt eine diffuse, ausgeprägte Transparenzminderung.

Echokardiografisch zeigte sich eine manifeste PPHN mit isoliertem Rechts-Links-Shunt über den Ductus arteriosus sowie eines dem Systemdruck entsprechenden pulmonalarteriellen Druckes, abgeschätzt über eine Trikuspidalinsuffizienz (Siehe [Abb. 3]).

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Abb. 3 Parasternal kurze Achse mit Darstellung der Pulmonalarterienbifurkation, sogenannter Ductusschnitt mit Darstellung der minimale Größe des PDA (1,4 mm) sowie eines isolierten R-L-Shuntes mit niedriger Flussgeschwindigkeit. Nebenbefundlich stellt sich eine unauffällig rechte Koronararterie dar. (A) Parasternal lange Achse in Richtung des rechten Beckens anguliert und Darstellung der TI mit einer Abschätzung des PAPsys 51 mmHg plus ZVD (circa 8 mmHg) und damit entsprechend des Systemsdruckes zum Messzeitpunkt. (B)

Therapie und Verlauf

Zur Senkung der pulmonalen Hypertonie wurden verschiedenste medikamentöse Therapieoptionen (NO Inhalation, Iloprost Inhalation, Sildenafil i. v. sowie Bosentan p.o.) ergriffen. Um einer weiteren Rechtsherzdekompensation entgegen zu wirken, wurde der Ductus arteriosus medikamentös wiedereröffnet (mittels Alprostadil-Dauerinfusion) und die bereits begonnene antibiotische Therapie wurde im Verlauf empirisch erweitert. Zusätzlich wurde eine antimykotische Therapie mit Amphotericin B etabliert.

Wiederholt kam es zu ausgeprägten klinischen Verschlechterungen mit ausgeprägten Oxygenierungsstörungen, die jedoch durch Lagerungsmanöver und Sedierungsvertiefung intermittierend auch wieder gut stabilisiert werden konnten, sodass kurzfristig der Eindruck entstand, dass eine der Therapien greifen könnte (siehe [Abb. 4]).

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Abb. 4 zeitliche Entwicklung des arteriellen paO2 (in mmHg) während des stationären Aufenthaltes.

Nachdem sich jedoch keine anhaltende Stabilisierung einstellte, führten wir am zehnten Lebenstag eine CT Diagnostik zum Ausschluss einer Lungenvenenfehlmündung oder anderer Shuntverbindungen durch.

Noch am selben Tag verschlechterte sich das Neugeborene rapide im Rahmen einer schweren PPHN Krise mit resultierendem Rechtsherzversagen und es kam zu mehreren Reanimationsereignissen. Mit den Eltern erfolgte, auf Grund des hochgradigen Verdachtes einer zu Grunde liegenden strukturellen pulmonalen Erkrankung ohne Therapieoption, eine Therapiezieländerung auf ein palliatives Vorgehen und somit gegen eine ECMO Therapie als Bridginverfahren. Eine Lungenbiospie zur weiteren Diagnostik war unter den bestehenden Umständen nicht durchzuführen und auch durch die Eltern nicht gewünscht. Die Patientin verstarb schließlich nach wenigen Stunden am elften Lebenstag im Beisein ihrer Eltern. Während eine Autopsie durch die Eltern nicht gewünscht war, initiierten wir mit ihrem Einverständnis eine genetische Untersuchung im Sinne einer Trio Exom Analyse, die 20 Tage post mortem die bereits vermutete Alveolarkapilläre Dysplasie (ACD) durch eine heterozygote de novo Deletion im FOXF1 Enhancer Bereich bestätigte. Eine genetische Beratung bezüglich weiterer Schwangerschaften der Eltern erfolgte.




Publication History

Received: 07 May 2025

Accepted after revision: 26 September 2025

Article published online:
24 November 2025

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