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DOI: 10.1055/a-2655-2621
MRT beim Tenosynovialen Riesenzelltumor (TGCT) – (früher Pigmentierte Villonoduläre Synovialitis – PVNS)
MRI in tenosynovial giant cell tumor (TGCT) – (formerly pigmented villonodular synovitis – PVNS)
Der tenosynoviale Riesenzelltumor (TGCT) stellt eine lokal aggressive, proliferative Erkrankung der Gelenksinnenhaut dar, die trotz ihres zerstörerischen Potenzials insgesamt als benigne einzustufen ist. Bis zum Jahr 2020 wurde die Erkrankung unter dem Begriff pigmentierte villonoduläre Synovialitis (PVNS) geführt, bevor die WHO eine Umbenennung in TGCT vornahm, um der biologischen Charakteristik der Erkrankung besser Rechnung zu tragen [1].
Der Begriff PVNS wurde 1941 von Jaffé eingeführt, um das klinische Erscheinungsbild einer stark proliferativen, inflammatorischen Synovialveränderung mit gutartigem Verlauf adäquat zu beschreiben. Histologisch ist die Erkrankung durch eine massiv verdickte, hyperplastisch wuchernde Synovia mit ausgeprägten intrazellulären Hämosiderinablagerungen gekennzeichnet. Bereits 1852 hatte Chassaignac eine knötchenförmige Verdickung der Synovialmembran im Bereich der Fingerbeugesehnen beschrieben – eine Darstellung, die heute retrospektiv als frühe Beschreibung des TGCT gewertet wird.
Der TGCT kann in zwei morphologische Subtypen unterteilt werden: eine lokalisierte (L-TGCT) und eine diffuse Form (D-TGCT), wobei letzterer eine infiltrativ wachsende Synovialveränderung mit ausgedehntem Befall darstellt [2]. Die diffuse Form (D-TGCT) betrifft am häufigsten das Kniegelenk (in etwa 8% der Fälle), gefolgt von der Hüfte [3] [4]. Meist tritt die Erkrankung monofokal auf; multilokuläre Manifestationen sind die Ausnahme. Betroffen sind überwiegend junge Erwachsene und Menschen mittleren Alters, ohne ausgeprägte Geschlechtspräferenz.
Für die Klassifikation wird neben dem Wachstumsmuster auch die anatomische Lage berücksichtigt. Es lassen sich intraartikuläre und extraartikuläre Formen unterscheiden. Eine maligne Variante des TGCT mit Ausbildung von Fernmetastasen – etwa in der Lunge oder in Lymphknoten – ist extrem selten und bislang nur in Einzelfällen beschrieben.
Die Magnetresonanztomografie (MRT) stellt das wichtigste bildgebende Verfahren in der Diagnostik des TGCT dar. Die Signalcharakteristika resultieren aus der Mischung entzündlicher Zellen, Fettgewebe und Fibroblasten innerhalb der verdickten Synovia sowie – entscheidend – aus den ausgeprägten Hämosiderinablagerungen.
Typischerweise zeigen sich noduläre oder zottige Hypointensitäten sowohl in T1- als auch in T2-gewichteten Sequenzen. Besonders charakteristisch ist die Signalabschwächung in der Gradientenecho-Sequenz infolge der Suszeptibilitätseffekte des Hämosiderins (Blooming-Artefakt) [5] [6] [7] ([Abb. 1], [Abb. 2], [Abb. 3], [Abb. 4], [Abb. 5], [Abb. 6]). Eine wichtige Differenzialdiagnose stellt die postarthroskopische Hämosiderinablagerung dar, die ebenfalls zu solchen Suszeptibilitätseffekten führen kann ([Abb. 7]). Mittels MRT lässt sich die lokalisierte von der diffusen Form (Ausdehnung >5 cm) zuverlässig differenzieren, was für die operative Planung essenziell ist.














Neben der MRT gewinnt auch die moderne Computertomografie, insbesondere Dual-Energy-CT, zunehmend an Bedeutung, da sie Hämosiderinablagerungen im Bereich der Synovia spezifisch nachweisen kann. Die endgültige Diagnose kann jedoch nur histopathologisch gesichert werden.
Histologisch ist der TGCT charakterisiert durch das Vorhandensein von Makrophagen mit Hämosiderineinlagerungen, multinukleären osteoklastenartigen Riesenzellen sowie mononukleären Zellen.
Die Differenzialdiagnose ist breit und umfasst zahlreiche Erkrankungen mit blutiger Synovialbeteiligung, darunter: rheumatoide Arthritis, Hämophilie-Arthropathie, posttraumatische oder septische Synovitis, Synovialhämangiom, Synovialsarkom, tophöse Gicht, Sehnenscheidenfibrom, noduläre Fasziitis, Desmoidtumor, siderotische Synovitis, synoviale Osteochondromatose sowie Melanommetastasen. Auch infektiöse Ursachen wie Tuberkulose, Sarkoidose und Mykosen müssen bedacht werden.
In seltenen Fällen kann ein TGCT auch im Zusammenhang mit genetischen Syndromen auftreten, etwa beim Noonan-Syndrom (mit charakteristischer fazialer Dysmorphie und Herzfehlern) oder beim Cherubismus, einer fibroossären Dysplasie mit typischer Gesichtsveränderung (Gesichtsverformung wie bei einem Engel (hebräisch: Cherubim)).
Ein zentrales pathogenetisches Merkmal des TGCT ist die Überexpression der mRNA für Colony-Stimulating Factor 1 (CSF1) innerhalb der Synovia [8]. Dieser Wachstumsfaktor wird insbesondere von neoplastischen Synovialzellen sezerniert und stimuliert die Proliferation von Zellen, die den CSF1-Rezeptor (CSF1R) exprimieren – darunter Phagozyten und Osteoklasten.
Neben CSF1 finden sich auch erhöhte Spiegel weiterer inflammatorischer Marker, z.B. CD68-positive Makrophagen, Matrix-Metalloproteinasen (MMP-2 bis -9) sowie RANKL (Rezeptor-Aktivator des NF-κB-Liganden), was die inflammatorische Natur des TGCT unterstreicht und Parallelen zur Pathophysiologie der rheumatoiden Arthritis erkennen lässt [9].
Die therapeutische Strategie beim TGCT ist multimodal und orientiert sich an Lokalisation, Wachstumsmuster und Rezidivneigung. Standardverfahren ist die vollständige chirurgische Entfernung der erkrankten Synovia (Synovektomie). Diese kann – insbesondere bei diffuser Verlaufsform – mit einer postoperativen Strahlentherapie kombiniert werden, um das Rezidivrisiko zu senken [10] [11].
In jüngerer Zeit wurden auch systemische Therapieansätze entwickelt. So wird die Blockade der CSF1-mRNA mittels gezielter Inhibitoren oder die direkte Hemmung des CSF1R, beispielsweise durch den Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib, erprobt. Letzterer wird bereits im Off-Label-Use eingesetzt und zeigt bei bestimmten Patienten vielversprechende Effekte hinsichtlich Symptomkontrolle und Verhinderung von Rezidiven.
Eine weitere Behandlungsoption stellt die intraartikuläre Radiosynoviorthese mit Yttrium-90 dar, insbesondere bei wiederkehrenden oder schwer resektablen Läsionen.
Publication History
Received: 26 June 2025
Accepted after revision: 11 July 2025
Article published online:
01 September 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 de Saint Aubain Somerhausen N, van de Rijn M. WHO Classification of Tumours Editorial Board, Hrsg. Tenosynovial giant cell tumour. In: WHO Classification of Tumours, Soft Tissue and Bone Tumours. Lyon: International Agency for Research on Cancer; 2020: 133-136
- 2 de Saint Aubain Somerhausen N, van de Rijn M. Tenosynovial giant cell tumour, localized type. In: Fletcher CDM, Bridge JA, Hogendoorn P. et al. , Hrsg. WHO Classification of Tumours of Soft Tissue and Bone. Lyon: International Agency for Research on Cancer; 2013: 100-101
- 3 Lopez-Bastida J, Aranda-Reneo I, Rodríguez-Sánchez B. et al. Economic burden and health-related quality of life in tenosynovial giant-cell tumour patients in Europe: an observational disease registry. Orphanet Journal of Rare Diseases 2021; 16: 294
- 4 Verspoor FGM, Zee AAG, Hannink G. et al. Long-term follow-up results of primary and recurrent pigmented villonodular synovitis. Rheumatology (Oxford) 2014; 53: 2063-2070
- 5 Murphey MD, Rhee JH, Lewis RB. et al. Pigmented villonodular synovitis: radiologic-pathologic correlation. Radiographics 2008; 28: 1493-1518
- 6 Cheng XG, You YH, Liu W. et al. MRI features of pigmented villonodular synovitis (PVNS). Clin Rheumatol 2004; 23: 31-34
- 7 Nishio J, Nakayama S, Koga K. et al. Giant Cell Tumor of Soft Tissue: An Updated Review. Journal of Clinical Medicine 2024; 13: 2870
- 8 West RB, Rubin BP, Miller MA. et al. A landscape effect in tenosynovial giant-cell tumor from activation of CSF1 expression by a translocation in a minority of tumor cells. Proc Natl Acad Sci USA 2006; 103: 690-695
- 9 Fiocco U, Sfriso P, Lunardi F. et al. Molecular pathways involved in synovial cell inflammation and tumoral proliferation in diffuse pigmented villonodular synovitis. Autoimmunity Reviews 2010; 9: 780-784
- 10 Kim D-E, Kim J-M, Lee B-S. et al. Distinct extra-articular invasion patterns of diffuse pigmented villonodular synovitis/tenosynovial giant cell tumor in the knee joints. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2018; 26: 3508-3514
- 11 Cosseddu F, Ipponi E, Ruinato AD. et al. Surgical management of villonodular-pigmented synovitis of knee: decisional algorithm. Orthop Rev (Pavia) 2022; 14: 39644