Rofo
DOI: 10.1055/a-2655-2621
Bildessay

MRT beim Tenosynovialen Riesenzelltumor (TGCT) – (früher Pigmentierte Villonoduläre Synovialitis – PVNS)

MRI in tenosynovial giant cell tumor (TGCT) – (formerly pigmented villonodular synovitis – PVNS)
Marius Horger
1   Department of Diagnostic and Interventional Radiology, Eberhard Karls University Tübingen, Tübingen, Germany
,
Jan Fritz
2   Radiology, New York University Medical Center, New York, United States (Ringgold ID: RIN12297)
,
3   Department of Diagnostic and Interventional Neuroradiology, Eberhard Karls University Tübingen, Tübingen, Germany (Ringgold ID: RIN9188)
,
Stefan Heckl
4   Department of Radiology, Hirslanden Park Hospital, Zürich, Switzerland (Ringgold ID: RIN60557)
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Der tenosynoviale Riesenzelltumor (TGCT) stellt eine lokal aggressive, proliferative Erkrankung der Gelenksinnenhaut dar, die trotz ihres zerstörerischen Potenzials insgesamt als benigne einzustufen ist. Bis zum Jahr 2020 wurde die Erkrankung unter dem Begriff pigmentierte villonoduläre Synovialitis (PVNS) geführt, bevor die WHO eine Umbenennung in TGCT vornahm, um der biologischen Charakteristik der Erkrankung besser Rechnung zu tragen [1].

Der Begriff PVNS wurde 1941 von Jaffé eingeführt, um das klinische Erscheinungsbild einer stark proliferativen, inflammatorischen Synovialveränderung mit gutartigem Verlauf adäquat zu beschreiben. Histologisch ist die Erkrankung durch eine massiv verdickte, hyperplastisch wuchernde Synovia mit ausgeprägten intrazellulären Hämosiderinablagerungen gekennzeichnet. Bereits 1852 hatte Chassaignac eine knötchenförmige Verdickung der Synovialmembran im Bereich der Fingerbeugesehnen beschrieben – eine Darstellung, die heute retrospektiv als frühe Beschreibung des TGCT gewertet wird.

Der TGCT kann in zwei morphologische Subtypen unterteilt werden: eine lokalisierte (L-TGCT) und eine diffuse Form (D-TGCT), wobei letzterer eine infiltrativ wachsende Synovialveränderung mit ausgedehntem Befall darstellt [2]. Die diffuse Form (D-TGCT) betrifft am häufigsten das Kniegelenk (in etwa 8% der Fälle), gefolgt von der Hüfte [3] [4]. Meist tritt die Erkrankung monofokal auf; multilokuläre Manifestationen sind die Ausnahme. Betroffen sind überwiegend junge Erwachsene und Menschen mittleren Alters, ohne ausgeprägte Geschlechtspräferenz.

Für die Klassifikation wird neben dem Wachstumsmuster auch die anatomische Lage berücksichtigt. Es lassen sich intraartikuläre und extraartikuläre Formen unterscheiden. Eine maligne Variante des TGCT mit Ausbildung von Fernmetastasen – etwa in der Lunge oder in Lymphknoten – ist extrem selten und bislang nur in Einzelfällen beschrieben.

Die Magnetresonanztomografie (MRT) stellt das wichtigste bildgebende Verfahren in der Diagnostik des TGCT dar. Die Signalcharakteristika resultieren aus der Mischung entzündlicher Zellen, Fettgewebe und Fibroblasten innerhalb der verdickten Synovia sowie – entscheidend – aus den ausgeprägten Hämosiderinablagerungen.

Typischerweise zeigen sich noduläre oder zottige Hypointensitäten sowohl in T1- als auch in T2-gewichteten Sequenzen. Besonders charakteristisch ist die Signalabschwächung in der Gradientenecho-Sequenz infolge der Suszeptibilitätseffekte des Hämosiderins (Blooming-Artefakt) [5] [6] [7] ([Abb. 1], [Abb. 2], [Abb. 3], [Abb. 4], [Abb. 5], [Abb. 6]). Eine wichtige Differenzialdiagnose stellt die postarthroskopische Hämosiderinablagerung dar, die ebenfalls zu solchen Suszeptibilitätseffekten führen kann ([Abb. 7]). Mittels MRT lässt sich die lokalisierte von der diffusen Form (Ausdehnung >5 cm) zuverlässig differenzieren, was für die operative Planung essenziell ist.

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Abb. 1 Koronare (a, b), axiale (c) sowie koronar angulierte (d) T1-gewichtete Aufnahmen bei diffuser TGCT des Sprunggelenks (a–c) und der Schulter (d). Es zeigt sich eine synoviale Verdickung mit inhomogen hypointensem T1-Signal. Fokale, dunkle lineare Streifen und punktförmige Signalverluste sprechen für Suszeptibilitätseffekte („Blooming“) durch Hämosiderinablagerungen. In Abb. 1D ist eine ausgeprägte sekundäre gelenknahe und ossäre Destruktion mit Invasion von Humeruskopf und Fossa glenoidalis erkennbar.
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Abb. 2 Axiale (a) und sagittale (b–e) PD-fs-Sequenzen des Knies (a–c) und Sprunggelenks (d-e) bei diffuser (a) und nodulärer (b–e) TGCT. Die Signalintensitäten variieren abhängig von der jeweiligen Gewebszusammensetzung. Ein hypointenser Randsaum lässt sich häufig an den nodulären Anteilen abgrenzen.
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Abb. 3 Sagittale (a) und axiale (b) PD-fs-Aufnahmen der Schulter bei diffuser TGCT. Die proliferierte Synovia zeigt hypointense Signale sowohl artikulär als auch bursal mit fortschreitender Infiltration des angrenzenden Knochens und Weichteilgewebes.
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Abb. 4 Sagittale PD-fs-Aufnahme des Sprunggelenks bei diffuser TGCT. Die synoviale Proliferation mit hypointensem Signal erfasst das gesamte Gelenk. Zusätzlich ist eine Ausdehnung in den Sinus tarsi zu erkennen.
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Abb. 5 Sagittale PD-fs-gewichtete (a), koronare T1-gewichtete (b) und koronare T1- kontrastmittelverstärkte fettsupprimierte (c) Aufnahmen des Daumens bei diffuser TGCT des Interphalangealgelenks.
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Abb. 6 Axiale (a) und koronare (b) PD-fs-Aufnahmen eines Patienten mit nodulärer, extraartikulärer TGCT auf Höhe des Kniegelenks. Die Raumforderung wölbt sich gegen den Gelenksraum und das Synovium vor.
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Abb. 7 Intraartikuläre Blutung nach Arthroskopie des Knies. Wichtigste Differenzialdiagnose zum TGCT aufgrund ähnlich hypointenser Signalveränderungen durch Hämosiderin.

Neben der MRT gewinnt auch die moderne Computertomografie, insbesondere Dual-Energy-CT, zunehmend an Bedeutung, da sie Hämosiderinablagerungen im Bereich der Synovia spezifisch nachweisen kann. Die endgültige Diagnose kann jedoch nur histopathologisch gesichert werden.

Histologisch ist der TGCT charakterisiert durch das Vorhandensein von Makrophagen mit Hämosiderineinlagerungen, multinukleären osteoklastenartigen Riesenzellen sowie mononukleären Zellen.

Die Differenzialdiagnose ist breit und umfasst zahlreiche Erkrankungen mit blutiger Synovialbeteiligung, darunter: rheumatoide Arthritis, Hämophilie-Arthropathie, posttraumatische oder septische Synovitis, Synovialhämangiom, Synovialsarkom, tophöse Gicht, Sehnenscheidenfibrom, noduläre Fasziitis, Desmoidtumor, siderotische Synovitis, synoviale Osteochondromatose sowie Melanommetastasen. Auch infektiöse Ursachen wie Tuberkulose, Sarkoidose und Mykosen müssen bedacht werden.

In seltenen Fällen kann ein TGCT auch im Zusammenhang mit genetischen Syndromen auftreten, etwa beim Noonan-Syndrom (mit charakteristischer fazialer Dysmorphie und Herzfehlern) oder beim Cherubismus, einer fibroossären Dysplasie mit typischer Gesichtsveränderung (Gesichtsverformung wie bei einem Engel (hebräisch: Cherubim)).

Ein zentrales pathogenetisches Merkmal des TGCT ist die Überexpression der mRNA für Colony-Stimulating Factor 1 (CSF1) innerhalb der Synovia [8]. Dieser Wachstumsfaktor wird insbesondere von neoplastischen Synovialzellen sezerniert und stimuliert die Proliferation von Zellen, die den CSF1-Rezeptor (CSF1R) exprimieren – darunter Phagozyten und Osteoklasten.

Neben CSF1 finden sich auch erhöhte Spiegel weiterer inflammatorischer Marker, z.B. CD68-positive Makrophagen, Matrix-Metalloproteinasen (MMP-2 bis -9) sowie RANKL (Rezeptor-Aktivator des NF-κB-Liganden), was die inflammatorische Natur des TGCT unterstreicht und Parallelen zur Pathophysiologie der rheumatoiden Arthritis erkennen lässt [9].

Die therapeutische Strategie beim TGCT ist multimodal und orientiert sich an Lokalisation, Wachstumsmuster und Rezidivneigung. Standardverfahren ist die vollständige chirurgische Entfernung der erkrankten Synovia (Synovektomie). Diese kann – insbesondere bei diffuser Verlaufsform – mit einer postoperativen Strahlentherapie kombiniert werden, um das Rezidivrisiko zu senken [10] [11].

In jüngerer Zeit wurden auch systemische Therapieansätze entwickelt. So wird die Blockade der CSF1-mRNA mittels gezielter Inhibitoren oder die direkte Hemmung des CSF1R, beispielsweise durch den Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib, erprobt. Letzterer wird bereits im Off-Label-Use eingesetzt und zeigt bei bestimmten Patienten vielversprechende Effekte hinsichtlich Symptomkontrolle und Verhinderung von Rezidiven.

Eine weitere Behandlungsoption stellt die intraartikuläre Radiosynoviorthese mit Yttrium-90 dar, insbesondere bei wiederkehrenden oder schwer resektablen Läsionen.



Publication History

Received: 26 June 2025

Accepted after revision: 11 July 2025

Article published online:
01 September 2025

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