PSYCH up2date 2025; 19(06): 451-452
DOI: 10.1055/a-2649-3474
Editorial

Von Kolleg:innen und Patient:innen lernen

Autoren

Nach sieben Jahren Tätigkeit als Editor der PSYCH up2date ist es nun Zeit, Abschied zu nehmen – und vor allem Danke zu sagen. Es war mir eine große Freude und Ehre, in diesem Zeitraum zur Gestaltung dieser wichtigen Weiterbildungszeitschrift beitragen zu dürfen. Als Psychosomatiker konnte ich Themen aus unserem Fachbereich anregen, Kolleg*innen zu Beiträgen einladen und durch Editorials auch eigene inhaltliche Akzente setzen.

Einige dieser Themen lagen mir persönlich besonders am Herzen. So etwa die Frage nach der Rolle des Körpers in der Psychotherapie [1], aber auch mein weiteres „Lieblingsthema“: die Digitalisierung. Bereits vor der Covid-19 Pandemie widmete ich ein Editorial dem Spannungsfeld „Digitalisierung und Psychotherapie – ein Widerspruch?“ [2]. Ein weiteres zentrales Thema war die Entwicklung einer „Enhanced Psychotherapy“ [3], die ich gemeinsam mit Kolleg*innen im Kontext des Aufbaus des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG) diskutieren durfte [4]. Hieraus ist schließlich auch die DZPG-Academy [5] hervorgegangen – eine Plattform, die die Weiterentwicklung und Vernetzung junger Wissenschaftler*innen und Kliniker*innen fördert. In diesem Rahmen habe ich zusammen mit Kolleg*innen aus dem gesamten Spektrum der Psych-Fächer über die Kernkompetenzen nachgedacht, die für eine zukunftsweisende Weiterbildung zentral sind. Solche interdisziplinären Debatten, die Grenzen überschreiten, sind für mich persönlich besonders wertvoll gewesen.

Mindestens ebenso prägend war für mich in den letzten Jahren die Interaktion mit Patient*innen und Angehörigenvertreter*innen. Gerade in meinem eigenen Forschungsgebiet, den Essstörungen, zeigt sich, wie wertvoll Beiträge von Menschen mit „Lived Experience“ sind. Mit großem Respekt habe ich zuletzt den Beitrag von James Downs gelesen, der im British Journal of Psychiatry [6] unter dem Titel „Do we need novel treatments for anorexia nervosa? A patient perspective“ erschien. Diese reflektierten Stimmen sind von unschätzbarem Wert für die Weiterentwicklung von Psychotherapien – und sie erden uns Forschende, indem sie uns daran erinnern, dass es letztlich nicht um Theorien oder Daten geht, sondern um die Lebenswirklichkeiten von Patient*innen.

Gleichzeitig bewegen mich – wie viele Kolleg*innen – die Herausforderungen, vor denen unsere Disziplin heute steht. Forschungsmisstrauen und wissenschaftsfeindliche Tendenzen nehmen zu und stellen gerade die psychosozialen Fächer vor neue Aufgaben. Gemeinsam mit Andreas Heinz habe ich daher in einem Beitrag herausgearbeitet, warum Wissenschaft Freiheit braucht und weshalb dies besonders für unsere Disziplinen gilt [7]. Gerade angesichts gesellschaftlicher Verunsicherungen ist es wichtig, dass wir die Stimme der Wissenschaft hörbar machen und die Relevanz von Forschung für eine humane und aufgeklärte Medizin betonen.

Rückblickend überwiegt die Dankbarkeit. Ich durfte mit großartigen Kolleg*innen im Herausgebergremium zusammenarbeiten und nicht zuletzt mit engagierten Autor*innen diskutieren. Mein Dank gilt ausdrücklich auch dem Thieme-Verlag, der stets eine professionelle, offene und inspirierende Zusammenarbeit ermöglicht hat.

Meine Reise als Editor für PSYCH up2date endet hier – doch zugleich öffnet sich ein neues Kapitel. In meiner neuen Funktion als Editor-in-Chief der internationalen Zeitschrift Psychotherapy and Psychosomatics werde ich die Möglichkeit haben, viele der hier begonnenen Themen auf einer weiteren, internationalen Ebene fortzuführen [8]. In diesem Sinne: Danke, Servus – und auf ein Wiederlesen!

Stephan Zipfel



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
14. November 2025

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