Aktuelle Urol 2025; 56(05): 406-407
DOI: 10.1055/a-2604-8426
Referiert und kommentiert

Kommentar

Contributor(s):
Thomas Worst
1   Klinik für Urologie und Urochirurgie, Universitätsklinikum Mannheim, Mannheim, Germany
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Die KEYNOTE-564-Studie konnte zeigen, dass die adjuvante immunonkologische Therapie (aIOT) mit Pembrolizumab bei Patienten mit Nierenzellkarzinom (NCC) mit erhöhtem Rezidivrisiko einen Vorteil für das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben bietet. In den 3 Risikogruppe intermediate-high risk (T2 G4 oder T3, N0, M0), high risk (T4 und/oder N1, M0) und M1, NED (no evidence of disease mit Resektion aller Tumormanifestationen) liegt die absolute Risikoreduktion für das Versterben nach 48 Monaten bei 4,9%, 7,0% bzw. 11,7% [1]. Andere Studien zur adjuvanten IO-basierten Therapie wie PROSPER (Nivolumab), IMmotion010 (Atezolizumab), CheckMate 914 (Ipilimumab+Nivolumab) zeigten hingegen keinen klinischen Vorteil [2] [3] [4].

Vor dem Hintergrund dieser Daten, den hohen Therapiekosten und potenzieller Nebenwirkungen ist eine sorgfältige Abwägung und Beratung der Patienten vor der Entscheidung für oder gegen eine aIOT obligat.

Da die Immuntherapie ein wesentlicher Baustein der Erstlinientherapie nicht kurativ behandelbarer NCC ist, hat eine vorherige adjuvante Therapie zwangsläufig Einfluss auf die Folgetherapie. Für den Fall eines Rezidivs fehlen belastbare Daten zur Wirksamkeit der nachfolgenden Therapie.

Hier setzt die vorgestellt Studie an. Die Autoren werteten 94 Patienten aus 29 Zentren in 13 Ländern aus, die unter oder nach einer aIOT ein NCC-Rezidiv erlitten. Mit überwiegend männlichen, weißen aus Europa oder Nordamerika stammenden Patienten mit vorrangig klarzelligen NCC in zumeist Intermediate-High-Risk- oder High-Risk-Situation (somit M0) scheinen die Daten auf die epidemiologischen Verhältnisse in Deutschland übertragbar. Jedoch ist das Patientenkollektiv mit median 56 J. deutlich jünger als der Erkrankungsdurchschnitt in Deutschland (ca. 70 J.).

Die adjuvante Therapie erfolgte sehr heterogen: Nur 39% der Patienten hatten Pembrolizumab erhalten. Die übrigen Patienten waren mit Atezolizumab (30%), Ipilimumab + Nivolumab (16%), Nivolumab, Pembrolizumab + Belzutifan oder Durvalumab behandelt worden. Für diese gibt es keinen Wirknachweis in der Adjuvanz.

Die mittlere Dauer der aIOT betrug 5,5 Monaten und nur 38% der Patienten schlossen die adjuvante Therapie komplett ab. Bei 52% der Patienten trat das Rezidiv unter oder <3 Monate nach Ende der adjuvanten Therapie auf. Diese hatten signifikant häufiger Knochenmetastasen und wurden von den Autoren als „resistent gegenüber IO-Therapie“ eingeordnet. Bei den Patienten mit Rezidiv >3 Monate nach Ende der aIOT trat das Rezidiv im Median erst nach 16 Monaten auf.

Bei 19% der Patienten wurde das Rezidiv allein lokal behandelt, was die Zahl der Patienten mit medikamentöser Erstlinientherapie auf 76 reduzierte. In dieser Gesamtkohorte bestanden kaum Unterschiede in der Wirksamkeit IO-basierter und anti-VEGF-gerichteter Therapien. Bei den „IO-resistenten“ Tumoren deutete sich ein Vorteil der alleinigen anti-VEGF-Therapie gegenüber IO-basierten Therapien (inkl. IO/anti-VEGF-Kombination) ab. IMDC-Favorable-Risk-Patienten schienen unter anti-VEGF-Monotherapie ein etwas günstigeres Outcome zu haben. Unter IO-basierter Therapie war das nicht zu beobachten. Einschränkend ist anzumerken, dass die Ergebnisse aufgrund der kleinen Patientenzahl nur deskriptiv dargestellt wurden.

Da es sich um ein stark selektiertes Patientengut aus Patienten mit Rezidivereignis handelt, ist ein Vergleich mit anderen Studien (insb. KEYNOTE-564) schwierig. Deren Interimanalysen hatten zwar eine Verlängerung der Zeit bis zur Progression unter der ersten Folgetherapie gezeigt, jedoch liegen keine detaillierteren Subgruppenanalysen derjenigen Patienten im Pembrolizumab-Arm mit Rezidiv vor [5].

Die vorliegende Studie weist aufgrund ihres retrospektiven Charakters, ihrer kleinen Zahl vorrangig junger Patienten, die an großen Zentren heterogen behandelt wurden, relevante Limitationen auf. Ferner erfolgte die adjuvante Therapie der Mehrzahl der Patienten nicht analog der aktuellen Zulassungssituation in Deutschland.

Dennoch leistet die Studie einen wichtigen Beitrag zur differenzierten Betrachtung von Patienten mit NCC-Rezidv nach vorhergegangen aIOT.

Sicher lässt sich ableiten, dass ein rascher Progress unter oder nach aIOT mit einem signifikant erhöhten Risiko für Knochenmetastase einhergeht, welche wiederum prädiktiv für eine schlechte Prognose sind. Hierbei muss jedoch in Betracht gezogen werden, dass Metastasen bereits vor der aIOT vorgelegen haben könnten, aber nicht entdeckt wurden.

Auch spricht ein relevanter Anteil von Patienten sowohl auf IO-basierte als auch anti-VEGF-Therapie an. Hierbei gibt die Studie jedoch Hinweise, dass Patienten mit raschem Progress unter/nach aIOT und solche mit einer Favorable-Risk-Situation eher von einer anti-VEGF-gerichteten Therapie profitieren könnten. Hierzu passend zeigte sich für letztere Gruppe unlängst in den Langzeitauswertungen mehrerer Erstlinienkombinationstherapiestudien eine Nichtunterlegenheit der alleinigen anti-VEGF-Therapie verglichen mit der IO/anti-VEGF-Kombinationstherapie [6] [7].

Weitere Studien unter Einbeziehung klinischer, radiologischer und molekularer Faktoren und Modelle sind notwendig, um zum einen diejenigen Patienten zu identifizieren, die von einer aIOT profitieren und andererseits im Falle eines Rezidivs die ideale Strategie für die Folgetherapie zu definieren.



Publication History

Article published online:
26 August 2025

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  • Literatur

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  • 5 Choueiri TK, Tomczak P, Park SH. et al. Adjuvant pembrolizumab for postnephrectomy renal cell carcinoma (RCC): Expanded efficacy analyses from KEYNOTE-564. JCO 2022; 40 (Suppl. 16) 4512-4512
  • 6 Powles T, Burotto M, Escudier B. et al. Nivolumab plus cabozantinib versus sunitinib for first-line treatment of advanced renal cell carcinoma: extended follow-up from the phase III randomised CheckMate 9ER trial. ESMO Open 2024; 9: 102994
  • 7 Motzer RJ, Porta C, Eto M. et al. Lenvatinib Plus Pembrolizumab Versus Sunitinib in First-Line Treatment of Advanced Renal Cell Carcinoma: Final Prespecified Overall Survival Analysis of CLEAR, a Phase III Study. JCO 2024; 42: 1222-1228