Nervenheilkunde 2025; 44(10): 725-726
DOI: 10.1055/a-2600-1265
Gesellschaftsnachrichten

Kopfschmerz News der DMKG

Authors

  • Christine Klötzer

    Greifswald
  • Robert Fleischmann

    Greifswald
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Lacosamid verringert geschlechtsspezifisch die Frequenz der Aurakorrelate im präklinischen Modell der Migräne

****Iba C, Unekawa M, Ihara K et al. Effect of lacosamide on cortical spreading depolarization in mice. J Headache Pain. 2025;26:163. doi:10.1186/s10194–025–02099–9.

Hintergrund:

Studien zur Migräneprophylaxe fokussieren üblicherweise auf die Reduktion der Kopfschmerzhäufigkeit und der damit verbundenen Einschränkungen. Eine relevante Patientengruppe leidet jedoch unter ausgeprägten Auraphänomenen, die gelegentlich auch ohne begleitende Kopfschmerzen auftreten können. Gemäß den aktuellen Leitlinien werden für diese Patientengruppe vor allem Topiramat, Flunarizin oder Lamotrigin (off-label) empfohlen. Allerdings bleibt die Kontrolle der Aura bei einigen Patienten unzureichend. Die hier vorgestellte Studie untersucht im präklinischen Modell Lacosamid als potenzielle Alternative.


Zusammenfassung:

Die Studie untersuchte den Einfluss einer Einzeldosis Lacosamid (40 mg/kg, intraperitoneal) auf die kortikale Streudepolarisation (CSD) in einem Mausmodell (n = 32; je 16 männliche und weibliche Tiere). Es wurde die Schwelle für das Auftreten der CSD, die Frequenz der induzierten Depolarisationen und die Ausbreitungsgeschwindigkeit der CSD-Wellen.

Bei weiblichen Mäusen führte Lacosamid zu einer signifikanten Verringerung der CSD-Frequenz (5.1 vs. 6.1 Ereignisse pro Stunde; p = 0,030) im Vergleich zur Kontrollgruppe. Auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Depolarisationen zeigte eine Reduktion unter Lacosamid-Behandlung (2.94 mm/min vs. 3.13 mm/min), erreichte jedoch knapp keine statistische Signifikanz (p = 0.073). Die CSD-Schwelle blieb unverändert.

Bei männlichen Mäusen konnten keine signifikanten Effekte hinsichtlich CSD-Frequenz, Schwelle oder Ausbreitungsgeschwindigkeit festgestellt werden.


Kommentar

Da es sich um ein präklinisches Mausmodell handelt, lassen sich die Ergebnisse nicht direkt auf den Menschen übertragen. Allerdings besitzen auch andere Natriumkanalblocker eine Wirksamkeit, sodass ein ähnlicher Effekt von Lacosamid plausibel erscheint. Vorteile von Lacosamid gegenüber etablierten Substanzen liegen in der schnellen Aufdosierbarkeit und der insgesamt guten Verträglichkeit. Allerdings müssen mögliche kardiale Nebenwirkungen, insbesondere AV-Überleitungsstörungen, berücksichtigt werden.

Lacosamid könnte eine Option für Patienten darstellen, bei denen nicht Kopfschmerzen, sondern insbesondere schwere oder häufige Auraphänomene im Vordergrund stehen. Wirksamkeitsdaten zur Anwendung beim Menschen sind zwingend notwendig, um den klinischen Nutzen, insbesondere geschlechtsspezifisch, abzuschätzen. Zu beachten bleibt, dass eine Behandlung der Migräneaura mit Lacosamid derzeit off-label erfolgen würde, weshalb eine umfassende Aufklärung der Patienten und Klärung der Kostenerstattung erforderlich ist.




Publication History

Article published online:
14 October 2025

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