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DOI: 10.1055/a-2518-6753
Eingriffe an Hals, Ösophagus und Mediastinum

Eingriffe an den Lymphknoten
Skalenusbiopsie
OP-Prinzip
Der gesamte präskalenale Fettkörper wird mit den darin enthaltenen Lymphknoten entfernt.
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Indikation
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Histologische Identifizierung von zervikal metastasierenden Tumoren, meist thorakalen/abdominellen Ursprungs.
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Differenzierung bei Verdacht auf Sarkoidose oder Tuberkulose, auch wenn palpatorisch noch keine Lymphknoten tastbar sind.
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Verdacht auf Hodgkin- oder Non-Hodgkin-Lymphome.
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Unklare Lymphknotenvergrößerung im Trigonum omoclaviculare.
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Kontraindikation
Fehlende therapeutische Konsequenz.
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Anästhesie
Überwiegend Intubationsnarkose. Bei Lokalanästhesie Infiltration des Operationsgebietes.
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OP-Technik
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Schnittführung und Darstellung des präskalenischen Fettkörpers: 4–5 cm langer Schnitt parallel und oberhalb der Klavikula, medial über dem M. sternocleidomastoideus beginnend. Durchtrennen des Platysmas, Unterbinden der kreuzenden V. jugularis externa. Isolieren der Hinterkante des klavikularen Ansatzes des M. sternocleidomastoideus, Beiseiteziehen des Muskels mit einem Haken. Isolieren der V. jugularis interna durch Präparation mit Stieltupfer oder Präparierklemme. Aufsuchen des Musculus-omohyoideus-Bauches von seiner Kreuzung mit der Gefäß-Nerven-Scheide bis lateral zur Klavikula und Hochziehen mit einem Haken ([Abb. 1]).
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Lösen des präskalenischen Fettkörpers: Das präskalenische Fett liegt nun zwischen V. jugularis interna, Klavikula und M. omohyoideus frei. Vom M. omohyoideus aus, unter Spreizen oder Präparation mit 2 Stieltupfern, Vordringen auf die tiefe Halsfaszie; auf ihr vorsichtige Präparation des Fett-Lymphknoten-Präparats nach kaudal bis zum Jugularis-Subklavia-Venenwinkel. Der Truncus thyreocervicalis wird geschont. Auch die tiefe Halsfaszie darf nicht verletzt werden, um den N. phrenicus und den Plexus brachialis nicht zu gefährden ([Abb. 2]).
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Wundverschluss: Nach Exstirpation des Präparats Einlage einer Wunddrainage, schichtweiser Wundschluss, leichter Druckverband.




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Verletzung des Ductus thoracicus: sofortiges Aufsuchen und Unterbindung unter Verwendung eines Operationsmikroskops. Im Falle einer erst postoperativ auftretenden Chylusfistel ist eine operative Therapie in gleicher Weise vorzunehmen, alternativ ist aber auch eine gezielte konservative Therapie erfolgreich. Voraussetzungen hierfür sind das genaue Monitoring von Chylusmenge und Blutbild, Röntgenaufnahmen des Thorax, die Erhebung des Urinstatus, der Leberfunktion, der Elektrolyte und der Serumproteine einschließlich des Serumalbumins. Auf diese Weise sind wenig produktive Fisteln durchaus konservativ behandelbar, indem die Chylusproduktion durch Ernährung mit mittellangkettigen Triglyzeriden reduziert wird. Eine ausschließlich parenterale Ernährung erscheint nicht erforderlich. Konservative Behandlungsmaßnahmen bei Chylusfisteln sollten auf höchstens 30 Tage limitiert werden. Patienten mit einer therapieresistenten Hypoalbuminämie oder Patienten, bei denen die Chylusfistel mehr als 600 ml über 24 h produziert, sollten einer chirurgischen Revision zugeführt werden.
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Pleuraeröffnung: sofortige Naht, exakter Wundschluss, ggf. Saugdrainage, evtl. chirurgisches Konsil.
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Verletzung von A. und V. subclavia: sofortige Versorgung, ggf. gefäßchirurgisch.
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Verletzung des N. phrenicus, Verletzung des Plexus brachialis: Konsultation eines Neurochirurgen.
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Keloidbildung, Sekundärinfektion.
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Nachbehandlung
Entfernen der Drainage.
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Neck Dissection
Einteilung
Basierend auf diversen Diskussionen zur Regionsabgrenzung und zur Nomenklatur der Neck-Dissection-Formen verabschiedete das Committee for Neck Dissection Classification, American Head and Neck Society eine überarbeitete Fassung der Halslymphknoteneinteilung.
Die Lymphknotengruppen lassen sich demnach unterscheiden in:
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Level IA: submentale Gruppe,
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Level IB: submandibuläre Gruppe,
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Level II: kraniojuguläre Gruppe; diese wird durch den schräg verlaufenden N. accessorius unterteilt in:
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Level IIA = lymphknotenhaltiges Fettgewebe medioventral des N. accessorius,
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Level IIB = lymphknotenhaltiges Fettgewebe dorsolateral des N. accessorius,
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Level III: mediojuguläre Gruppe,
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Level IV: kaudojuguläre Gruppe,
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Level V: Gruppe des hinteren Dreiecks; diese wird durch eine horizontal verlaufende gedachte Linie auf Höhe des Unterrands des Ringknorpels unterteilt in:
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Level VA = lymphknotenhaltiges Fettgewebe kranial der gedachten Linie,
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Level VB = lymphknotenhaltiges Fettgewebe kaudal der gedachten Linie und
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Level VI: Gruppe des vorderen Kompartiments.
Von der Klassifikation nicht erfasst sind u. a.:
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retroaurikuläre Lymphknoten,
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subokzipitale Lymphknoten,
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parotideale Lymphknoten,
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retropharyngeale Lymphknoten sowie
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prälaryngeale/prätracheale Lymphknoten.
Mit der aktuellen Neck-Dissection-Klassifikation, publiziert durch Robbins im Jahre 2002, werden nach wie vor 4 Formen der Neck Dissection voneinander unterschieden:
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radikale Neck Dissection,
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erweiterte radikale Neck Dissection,
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modifizierte radikale Neck Dissection und
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selektive Neck Dissection.
Radikale Neck Dissection bedeutet die vollständige Entfernung der Lymphknoten der Level I–V inklusive aller 3 nichtlymphatischen Strukturen, bestehend aus N. accessorius, V. jugularis interna und M. sternocleidomastoideus. Die subokzipitalen Lymphknoten, die periparotidalen Lymphknoten, retropharyngeale Lymphknoten und Lymphknoten des sog. anterioren Kompartiments (Level VI) sind nicht in die chirurgische Resektion integriert.
Von einer erweiterten radikalen Neck Dissection spricht man, wenn zusätzlich zu den bei der radikalen Neck Dissection entfernten Strukturen ein oder mehrere weitere Lymphknotengruppen und/oder nichtlymphatische Strukturen wie die A. carotis externa, der N. hypoglossus, der N. vagus oder regionale Muskeln reseziert werden.
Bei der modifizierten radikalen Neck Dissection werden ebenfalls die Lymphknotenlevel I–V ausgeräumt, jedoch unter Schonung mindestens einer der nichtlymphatischen Strukturen (N. accessorius und/oder V. jugularis interna und/oder M. sternocleidomastoideus).
Bei der selektiven Neck Dissection werden alle 3 nichtlymphatischen Strukturen (N. accessorius, M. sternocleidomastoideus, V. jugularis interna) geschont und nur eine Auswahl der Lymphknotenlevel I–IV ausgeräumt.
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Indikation zur Neck Dissection im Behandlungskonzept maligner Kopf-Hals-Tumoren
Die radikale Neck Dissection ist in Europa an den meisten Zentren der Behandlung einer disseminierten Metastasierung mit simultaner Infiltration nichtlymphatischer Strukturen vorbehalten.
Die modifiziert radikale Neck Dissection ist derzeit von den meisten Kopf-Hals-Chirurgen bei allen Patienten mit klinisch nachgewiesenen Lymphknotenmetastasen indiziert. Liegt eine beidseitige lymphogene Metastasierung vor, also ein sog. N2c-Hals, wird sie beidseitig vorgenommen. Um die Ausbildung eines teilweise erheblichen Lymphödems zu verhindern, sollte alles onkologisch Vertretbare unternommen werden, um die V. jugularis interna auf einer Halsseite zu erhalten. Im Falle eines kontralateralen N0-Halses muss nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Gesamtprognose die Indikation zur selektiven Neck Dissection diskutiert werden. So ist im Falle einer ipsilateralen Metastasenlokalisation in Level IV mit einer deutlich reduzierteren Überlebenswahrscheinlichkeit zu rechnen als bei einer Lokalisation in Level II. Zwischenzeitlich gibt es Arbeitsgruppen, die eine selektive Neck Dissection auch bei einer N+-Situation vornehmen. Die Wertigkeit dieses Vorgehens gilt es künftig zu überprüfen.
Im Gegensatz zum klinisch metastasierten Hals wird die Indikation zur elektiv vorgenommenen Neck Dissection beim klinischen N0-Hals kontroverser diskutiert. Hier müssen grundsätzlich 2 verschiedene Zielsetzungen angesprochen werden:
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Zum einen kann die Neck Dissection beim klinischen N0-Hals mit dem Ziel eines operativen Staging-Verfahrens erfolgen. Dieses Konzept, für das zunehmend häufiger selektive Neck-Dissection-Formen zur Anwendung kommen, sieht eine postoperative Strahlentherapie beim Nachweis einer lymphogenen Metastasierung vor. Selten erfolgt die anschließende Ausräumung von bei primären Eingriffen noch nicht operierten Halslymphknotenregionen.
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Zum anderen kann die elektiv vorgenommene Neck Dissection beim klinischen N0-Hals mit kurativer Intention durchgeführt werden. Bei dieser Zielsetzung erfolgt die selektive Neck Dissection als definitive Behandlung des zervikalen Lymphabflusses. Für die detaillierte Erörterung der mit dieser Problematik verbundenen Fragestellungen wird auf weiterführende Literatur verwiesen.
An dieser Stelle soll dem in der Ausbildung befindlichen Arzt ein Konzept zur onkologisch sinnvollen, operativen Intervention beim klinisch vermuteten N0-Hals an die Hand gegeben werden. Hierzu ist der mögliche Typ der selektiven Neck Dissection in [Tab. 1] im Hinblick auf unterschiedliche Primärtumorlokalisationen im Bereich der oberen Luft- und Speisewege angegeben. Nicht unerwähnt bleiben darf hierbei die Problematik der Indikation zur bilateral vorgenommenen selektiven Neck Dissection beim klinischen N0-Hals. Diese wird von vielen Klinikern in denjenigen Fällen als gegeben angesehen, in denen der Primärtumor mittellinienüberschreitend wächst oder aber in der Mittellinie lokalisiert ist. Selbstverständlich repräsentiert die Tabelle nur eine von mehreren möglichen chirurgischen Strategien, deren Auswahl natürlich auch im onkologischen Gesamtkonzept der jeweiligen Klinik zu verstehen ist.
Rettinger G, Hosemann W, Hüttenbrink KW, Werner JA (Hrsg.). HNO-Operationslehre – Mit allen wichtigen Eingriffen. Stuttgart: Thieme 5., vollständig überarbeitete Auflage 2017. doi:10.1055/b-004-140287
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Publication History
Article published online:
05 May 2025
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