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DOI: 10.1055/a-2401-7646
Editorial

„Eigentlich sollte man jetzt noch…“ – ein Gedanke, den viele Kolleginnen und Kollegen aller Fachdisziplinen kennen. Und in vielen Fällen „macht man dann einfach“, wenn man denn kann. Aber ob man das auch immer „darf“? Und was bedeuten manch individuelle Entscheidungen, wenn es um die ganzheitliche Betrachtung der Arbeits- und Leistungs-Umstände geht?
Als Ärztinnen und Ärzte haben einige von uns noch einen Eid geschworen – alle aber mindestens die Deklaration von Genf im Sinn. Wir wollen unsere Patientinnen und Patienten immer optimal versorgen und versorgt wissen.
Nicht selten bekommt man jedoch – gerade von Menschen, welche nicht im Gesundheitssystem tätig sind – die Sinnfrage gestellt: Lohnt sich das denn überhaupt?
Was ist gemeint? Für wen soll sich was lohnen? Hier wäre zunächst natürlich an die Patientinnen und Patienten zu denken.
Damit ist für die meisten Ärztinnen und Ärzte die Frage final beantwortet.
Leider ist es aber nicht so, dass die ärztliche Tätigkeit im luftleeren Raum stattfindet wo jede und jeder der Beteiligten einzig und allein um die Patientinnen und Patienten kreist. Und das nicht mal aus unlauteren Beweggründen sondern in der Regel qua Amt bzw. Berufsgruppe: Die Ärzteschaft und Pflege kümmert sich primär um die Kranken, die Service-Kräfte um den reibungslosen Ablauf und die Kaufleute darum, dass genug Finanzmittel vorhanden sind – vereinfacht gesagt.
Doch wo kommen die Finanzmittel her? Primär von den Versicherten der GKV und PKV sowie, je nach Haus, von öffentlichen oder privaten Trägern. Und, gerade in der aktuellen Zeit, wird durch kontinuierlich steigende Abflüsse für Alltägliches die zur Verfügung stehende Gesamtmenge stetig kleiner – wohlgemerkt bei steigenden Ansprüchen.
Manch eine/r kann sich glücklich schätzen bei einem Träger zu arbeiten, bei welchem die Finanzmittel scheinbar unbegrenzt sind oder aber aus anderen Gründen finanzielle Engen der Versorgung der Patientinnen und Patienten nie im Wege stehen und ggf. auftretende Probleme im Nachgang geklärt werden können. Diese Konstellation allerdings ist eine Seltenheit.
Jetzt könnte man behaupten, die Lösung sei einfach: Man bekommt die Leistungen, die man qualitativ ansprechend erbringt, auch auskömmlich vergütet.
Dass das so einfach aber nicht ist, zeigt Gerrit Tigges in seinem Beitrag auf, in welchem er die Probleme der historisch gewachsenen Gebührenordnung für Ärzte angesichts der Fort- und Weiterentwicklung in der medizinischen Versorgung an Beispielen aus der Augenheilkunde und der Strahlentherapie erläutert.
Ein weiteres Problemfeld ist bisweilen die Abrechnung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung.
Wer als Nuklearmediziner/in an onkologischen Schwerpunkten tätig ist, kennt mittlerweile z.B. die vom G-BA beschlossenen oder in ASV-Konstrukten abgebildeten Indikationen zur ambulanten Erbringung einer PET/CT in- und auswendig. Nichts desto trotz erlebt man häufig Situationen, in denen eine PET/CT außerhalb dieser Indikationen sinnvoll und zielführend. Die dann zu stellenden individuellen Anträge auf Kostenübernahme bei den Krankenkassen werden jedoch häufig aus teils allenfalls sehr schwer nachvollziehbaren Gründen von den zuständigen gutachterlichen Kolleginnen und Kollegen des Medizinischen Dienstes aus sozialmedizinischer Sicht nicht befürwortet.
Was macht man in einer solchen Situation? Den Patientinnen und Patienten die sinnvolle Diagnostik vorenthalten? Die Diagnostik trotzdem durchführen und auf eine Vergütung verzichten? Wer erklärt das dem Controlling? Oder lässt man die Patientinnen und Patienten selbst zahlen, was angesichts der häufig bereits schon vorliegenden Ausnahmesituation eine zusätzliche Belastung darstellt?
Und was ist eigentlich, wenn die Ärztin bzw. der Arzt eine Maßnahme zum Wohle des Patienten durchführt, wofür ihr/ihm die Abrechnungserlaubnis fehlt? Einfach dennoch machen und nicht abrechnen?
Dieses Spannungsfeld beleuchtet Juliane Netzer-Nawrocki in ihrem Text zur „peinlich genauen Abrechnung“.
Schlussendlich befasst sich Alina Brantz noch mit der Rolle derer, um die es eigentlich geht: mit den Patientinnen und Patienten. Auch ihnen kommt im großen Netz der Krankenversorgung eine entscheidende Rolle zu – die des verlässlichen Partners. Doch was, wenn sie diese Rolle nicht ausfüllen können oder wollen? Viele von uns kennen das Problem, dass z.T. teure Diagnostika bereit gehalten werden aber niemand erscheint. Vergessen, keine Zeit, keine Lust – was auch immer. Was man hier präventiv machen kann, darf oder eben auch nicht, lässt sich ihrem Text entnehmen.
Publication History
Article published online:
26 February 2025
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