Zusammenfassung
Die Präsentation der Ergebnisse der prospektiv-randomisierten internationalen Multicenterstudie
GCIG-INTERLACE auf dem Kongress der European Society of Medical Oncology (ESMO) 2023
wird vermutlich die Therapie des lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinoms verändern.
In der GCIG-INTERLACE-Studie waren 6 Zyklen einer wöchentlichen neoadjuvanten Chemotherapie
mit Carboplatin AUC2 und Paclitaxel 80 mg/m2 gefolgt von einer definitiven Radiochemotherapie mit Beckenbestrahlung (40 – 50,4
Gray) und Cisplatin (40 mg/m2 wöchentlich für 5 Wochen) sowie Brachytherapie (Gesamtdosis EQD2 mindestes 78 Gy
an Punkt A) (experimenteller Arm) gegenüber einer alleinigen definitiven Radiochemotherapie
(Standardarm) bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom mit Fédération
Internationale de Gynécologie et dʼObstétrique (FIGO)-2008-Stadien IB1/nodal positiv,
IB2, II, IIIB und IVA signifikant überlegen und führten nach 5 Jahren Nachbeobachtungszeit
zu einem
signifikant verlängerten rezidivfreien Überleben (Hazard Ratio [HR] 0,65; 95%-Konfidenzintervall
[KI] 0,64 – 0,91; p = 0,013) und einem signifikant verlängerten Gesamtüberleben (HR
0,61; 95%-KI 0,40 – 0,91; p = 0,04). In Abwägung der auf dem Kongress publizierten
Ergebnisse der GCIG-INTERLACE-Studie kann daher nach Einschätzung der Organkommission
Uterus der AGO e. V. bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom der
FIGO-Stadien IB1/nodal positiv, IB2, II, IIIB und IVA zusätzlich zur bisherigen Standardtherapie
nach entsprechender Risikoaufklärung im Sinne einer Einzelfallentscheidung eine neoadjuvante
Chemotherapie mit Carboplatin AUC2 und Paclitaxel 80 mg/m2 d1, q7, x6 angeboten werden. Die Daten der Vollpublikation müssen allerdings abgewartet
werden, bevor dieses Vorgehen auf Leitlinienebene diskutiert und eventuell als neuer
Therapiestandard definiert werden kann.
Schlüsselwörter Zervixkarzinom - radikale Hysterektomie - lokal fortgeschrittenes Stadium - neoadjuvante
Chemotherapie