Rofo 2024; 196(11): 1115-1124
DOI: 10.1055/a-2271-0799
Review

Der Arzt im Radiologen – künstliche Intelligenz als Möglichkeit, das Spannungsfeld zwischen Patient, Technik und Zuweisern zu lösen – ein narratives Review

Article in several languages: English | deutsch
Christoph Alexander Stueckle
1   Clinical Radiology, University Witten Herdecke Faculty of Health, Witten, Germany
,
Patrick Haage
2   Diagnostic and Interventional Radiology, HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal, Germany
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Zusammenfassung

Hintergrund Große und progrediente Datenmengen führen zu einer Verknappung der Zeit des Radiologen. Der Einsatz auf künstlicher Intelligenz (KI) basierender Systeme bietet Möglichkeiten, den Radiologen zu entlasten. Die KI-Systeme sind in der Regel für ein radiologisches Gebiet optimiert. Der Radiologe muss die Grundzüge ihrer technischen Funktion verstehen, damit er Schwächen und mögliche Fehler des Systems einschätzen und auf der anderen Seite Stärken des Systems nutzen kann. Diese „Erklärbarkeit“ schafft Vertrauen in ein KI-System und zeigt dessen Grenzen auf.

Methode Durchführung einer erweiterten Medline-Suche bis 10/2023 zum Thema „Radiologie, künstliche Intelligenz, Zuweiser-Interaktion, Patienten-Interaktion, Arbeitszufriedenheit, Befundkommunikation“. Es wurden subjektiv weitere relevante Artikel für dieses narrative Review berücksichtigt.

Ergebnisse Der KI-Einsatz ist gerade in der Radiologie weit fortgeschritten. Dem Radiologen sollten vom Programmierer verständliche Erklärungen der Funktionsweise seines Systems geliefert werden. Alle am Markt befindlichen Systeme haben Stärken und Schwächen. Die Optimierungen sind teilweise unbeabsichtigt spezifisch, da sie häufig zu genau an eine bestimmte, in der Praxis oft nicht vorhandene Umgebung angepasst sind – „Overfitting“ genannt. In den Systemen gibt es auch spezifische Schwachstellen, sogenannte „gegnerische Beispiele“, die zu fatalen Fehldiagnosen der KI führen, obwohl diese optisch für den Radiologen nicht von einem unauffälligen Befund zu unterscheiden sind. Der Benutzer muss wissen, auf welche Erkrankungen das System eingelernt ist, welche Organsysteme erkannt und mittels KI berücksichtigt werden und auch entsprechend, welche nicht ordnungsgemäß erfasst werden. Damit kann und muss der Benutzer kritisch die Ergebnisse überprüfen und gegebenenfalls den Befund anpassen. Richtig eingesetzte KI kann zu Zeitersparnis beim Radiologen führen. Wenn er seine Systeme kennt, muss er nur wenig Zeit aufwenden, um die Ergebnisse zu überprüfen. Die so gewonnene Zeit kann für die Kommunikation mit Patienten und Zuweisern genutzt werden und so dazu beitragen, eine höhere Zufriedenheit im Beruf zu erzielen.

Schlussfolgerung Die Radiologie ist ein sich ständig weiter entwickelndes Fachgebiet mit enormer Verantwortung, da die Radiologie häufig die zu behandelnde Diagnose stellt. Zur Entlastung und Unterstützung sollten konsequent KI-gestützte Systeme genutzt werden, deren Stärken, Schwächen und Einsatzgebiete der Radiologe kennen muss, um Zeit zu sparen, die er für zielgerichtete Kommunikation einsetzen kann.

Kernaussagen

  • Erklärbare KI-Systeme tragen zu einer Verbesserung des Arbeitsablaufes und zur Zeitersparnis bei.

  • Der Arzt muss Ergebnisse der KI kritisch überprüfen, dabei Grenzen der KI kennen und berücksichtigen.

  • Die KI-Systeme liefern nur dann verlässliche Ergebnisse, wenn sie auf die Datenart und Datenherkunft angepasst wurden.

  • Der kommunizierende, am Patienten interessierte Radiologe ist wichtig für die Sichtbarkeit des Fachgebietes.

Zitierweise

  • Stueckle CA, Haage P. The radiologist as a physician – artificial intelligence as a way to overcome tension between the patient, technology, and referring physicians – a narrative review. Fortschr Röntgenstr 2024; 196: 1115 – 1124



Publication History

Received: 26 July 2023

Accepted after revision: 27 January 2024

Article published online:
03 April 2024

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