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DOI: 10.1055/a-2132-6790
Wechselseitige Fazialisparese bei einem Mädchen afrikanischer Herkunft
Fallbericht
Anamnese
Bei der bislang gesunden 7-jährigen Patientin aus Nigeria wurde in der Augenklinik bei beidseitiger granulomatöser Uveitis der Verdacht auf eine Tuberkulose geäußert und sie der Kinderrheumatologie zugewiesen. Bei der Patientin kam es bereits vor einem Monat aufgrund einer alternierenden Fazialisparese und Artikulationsstörungen in einer auswärtigen Klinik zu einer stationären Aufnahme. Seit dem Beginn der Symptomatik hatte die Patientin beidseitig gerötete Augen ohne Schmerzen oder Visusminderung. Die Eltern bemerkten zudem eine sich verschlechternde Hypakusis. Initial hatte sie einmalig Fieber ohne weitere systemische Symptome. Anamnestisch bestand keine organische oder anorganische Antigenexposition, keine Hausrenovierung erinnerlich.
Familienanamnese
Die Mutter hatte in der Vergangenheit eine Perineuritis nervi optici unklarer Genese und wurde mit Prednisolon behandelt. Das Schädel-MRT und die Liquoranalyse waren nicht wegweisend. Der Stiefvater hat eine latente Tuberkulose (IGRA-Positivität) und eine chronische Skleritis.
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Aufnahmebefund
Guter Allgemeinzustand, eutropher Ernährungszustand. Beidseitige Rötung der Augen und Hypopyon bei Beleuchtung. Unauffälliger internistischer, muskuloskelettaler und neurologischer Befund, insbesondere keine restliche Fazialisparese. Keine Hautveränderungen, Arthritis, Hepatosplenomegalie oder Lymphknotenvergrößerung. Lungen beidseitig gut belüftet, kein Herzgeräusch oder Rhythmusstörung.
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Labor und weitere Diagnostik
Laborchemisch zeigte sich eine leichte Erhöhung des Serumkalziums, erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, ein erhöhter löslicher IL-2 (sIL2)-Rezeptor, erhöhte Immunglobuline und im Verlauf ein mild erhöhtes Angiotensin Converting Enzyme (ACE). Differenzialdiagnostisch wurde eine Tuberkulose durch einen negativen T-Spot sowie negative TB-PCR und Mikroskopie der Tränenflüssigkeit ausgeschlossen ([ Tab. 1 ]).
Parameter |
Wert |
Referenzbereich |
---|---|---|
CRP |
< 1 mg/l |
< 5 |
BSG |
59 mm/h |
< 20 |
Ca |
2,73 mmol/l |
2,00–2,65 |
25-OH Vitamin D |
26 μg/l |
30–50 |
ACE |
119 U/l |
29–112 |
Leukozyten |
4,5 Tsd/μl |
4,5–13 |
Lymphozyten |
2,3 Tsd/μl |
1,5–6,0 |
Hämoglobin |
9,9 g/dl |
11,8–15 |
Thrombozyten |
404 Tsd/μl |
180–520 |
ALT |
36 U/l |
< 35 |
AST |
39 U/l |
< 60 |
Lipase |
48 U/l |
< 60 |
Kreatinin |
0,5 mg/dl |
0,3–0,7 |
IgG |
20 g/l |
6–13 |
IgA |
3 g/l |
0,6–2,2 |
IgM |
2,7 g/l |
0,4–1,6 |
sIL2-Rezeptor |
1454 kU/l |
158–623 |
Lysozym |
838 μg/l |
700–2580 |
Calprotectin im Stuhl |
216 μg/g |
< 150 |
Kalzium/Kreatinin im Urin |
0,09 mg/mg |
< 0,21 |
Urinstatus |
Leuko 70/μl |
< 10 |
Urinkultur |
negativ |
negativ |
T-Spot |
negativ |
negativ |
TB-PCR in Tränenflüssigkeit |
negativ |
negativ |
Liquor |
Leuko 40/μl |
< 4 |
CD4/CD8-Quotient im BAL |
3,6 |
0,7–2,8 |
Bei der augenärztlichen Untersuchung mit Spaltlampe und Fundoskopie konnte der Befund mit einer granulomatösen Panuveitis vereinbart werden. Es zeigten sich für eine okuläre Sarkoidose typische Befunde, insbesondere beidseitige speckige Hornhautendothelbeschläge und Irisknötchen (Koeppe-Knötchen), zeltförmige anteriore Synechien, Glaskörperverdichtungen (Snowballs) und periphere chorioretinale Läsionen ([ Abb. 1 ]). [1]
Die pädaudiologische Untersuchung ergab eine hochgradige, an Taubheit grenzende Hypakusis rechts sowie eine leicht bis mittelgradige Höreinschränkung links. Der initiale Befund wurde durch BERA (Brainstem Evoked Response Audiometry) bestätigt. Hier zeigten sich rechts bis 100 dB keine Potenziale, links lieβen sich Potenziale bis 50 dB in der Luftleitung und bis 40 dB in der Knochenleitung ableiten ([ Abb. 2 ]).
Die weitere apparative Diagnostik ist in [ Tab. 2 ] zusammengefasst. Hiermit konnte eine Lungenbeteiligung ausgeschlossen werden. Das Schädel- und Innenohr-MRT konnte eine chronische Sinusitis sowie Cochleitis und Labyrinthitis als Teil des Krankheitsbildes nachweisen. Das FDG-PET/CT vom Herzen ist in [ Abb. 3 ] dargestellt und zeigt dezente FDG-Anreicherungen linksventrikulär, die keine klinischen Konsequenzen für die Patientin bedeuten (sie hat keine Herzrhythmusstörungen und keine Herzfunktionsminderung).
Diagnostik |
Befund |
---|---|
Röntgen Thorax |
Keine hiläre Lymphadenopathie, keine noduläre Lungenveränderungen. |
Lungenfunktion |
Leicht erhöhter Atemwegswiderstand, keine Restriktions- oder Obstruktionszeichen (FVC 106 %, FEV1 103 %). Unauffällige Diffusionsmessung (DLCO) 117 %. |
Echokardiografie |
Gute ventrikuläre Funktion, keine Verdünnung des interventrikulären Septums. |
EKG, Langzeit-EKG |
Keine ventrikuläre Extrasystolie oder Tachykardie, kein AV-Block. |
Schädel-MRT |
Verlegter Sinus maxillaris und Cellulae ethmoidales rechts, etwas verstärktes pachymeningeales Kontrastenhancement, sonst unauffälliger Befund, insbesondere keine Raumforderung und keine Weiβsubstanzläsionen. |
MRT Innenohr |
Labyrinth und Cochlea beidseits ohne Anhalt für Fehlbildungen. Nervus vestibulocochlearis beidseits normal. Keine Raumforderungen. Zeichen der Labyrinthitis/Cochleitis beidseits. |
FDG-PET/CT |
Kein Nachweis einer FDG-aviden bihilären/mediastinalen Lymphadenopathie, Lungen ohne Nachweis eines sarkoidosetypischen perilymphatischen Aussaat. Teils fokal imponierende FDG-Anreicherungen linksventrikulär (im Apex, im basalen Septum sowie im Bereich eines Papillarmuskels lateral). Siehe [ Abb. 3 ]. Verlegter Sinus maxillaris und Cellulae ethmoidales rechts passend zu einer Sinusitis. Sonst keine auffällige FDG-Organanreicherungen. |
Herz-MRT |
Keine pathologische Kontrastaufnahme, keine Granulome. |
Ultraschall vom Abdomen |
Keine Lymphadenopathie, keine Hepatosplenomegalie, keine Nephrokalzinose. |
Zur Diagnosesicherung erfolgte eine Biopsie der chronisch entzündeten maxillären Nasennebenhöhlen. In der Histologie zeigten sich einzelne epitheloidzellige Granulome mit Nachweis von Riesenzellen in der Nachbarschaft. Der Befund war mit einer Sarkoidose vereinbar. Kein Nachweis einer Eosinophilie, keine Vaskulitis. Pilze oder säurefeste Stäbchen ließen sich ebenfalls nicht nachweisen ([ Abb. 4 ]).
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Publication History
Article published online:
18 October 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Mochizuki M, Smith JR, Takase H. et al Revised criteria of International Workshop on Ocular Sarcoidosis (IWOS) for the diagnosis of ocular sarcoidosis. British Journal of Ophthalmology 2019; 103: 1418-1422
- 2 Nathan N, Marcelo P, Houdouin V. et al Lung sarcoidosis in children: update on disease expression and management. Thorax 2015; 70: 537-542
- 3 Nathan N, Montagne M-E, Macchi O. et al Exposure to inorganic particles in paediatric sarcoidosis: the PEDIASARC study. Thorax 2022; 77: 404-407
- 4 Gedalia A, Khan TA, Shetty AK. et al Childhood sarcoidosis: Louisiana experience. Clin Rheumatol 2016; 35: 1879-1884
- 5 Nott K, Nott V, Lever E. et al Pediatric Sarcoidosis: Retrospective Analysis of Biopsy-Proven Patients. J Rheumatol 2022; 50 (07) 924-933
- 6 Nathan N, Sileo C, Calender A. et al Paediatric sarcoidosis. Paediatr Respir Rev 2019; 29: 53-59
- 7 Hoffmann AL, Milman N, Byg KE. Childhood sarcoidosis in Denmark 1979–1994: incidence, clinical features and laboratory results at presentation in 48 children. Acta Paediatr 2004; 93: 30-36
- 8 Sève P, Pacheco Y, Durupt F. et al Sarcoidosis: A Clinical Overview from Symptoms to Diagnosis. Cells 2021; 10: 766
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- 10 Bennett D, Cameli P, Lanzarone N. et al Chitotriosidase: a biomarker of activity and severity in patients with sarcoidosis. Respir Res 2020; 21: 6
- 11 Bergantini L, Bianchi F, Cameli P. et al Prognostic Biomarkers of Sarcoidosis: A Comparative Study of Serum Chitotriosidase, ACE, Lysozyme, and KL-6. Dis Markers 2019; 2019: 1-7
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