Die Wirbelsäule 2023; 07(04): 206
DOI: 10.1055/a-1993-8592
Editorial

Zement und dessen Bedeutung in der Wirbelsäulenchirurgie: Wohl oder Wehe?

Thomas R. Blattert

Liebe Mitglieder der DWG, liebe Mitglieder der Österreichischen Gesellschaft für Wirbelsäulenchirurgie, liebe Kolleginnen und Kollegen,

im kommenden Jahr jährt sich die erste Zementaugmentation eines Wirbelkörpers – damals in der Technik der Vertebroplastie von Hervé Deramond in Frankreich zur Behandlung eines Hämangioms durchgeführt – zum vierzigsten Mal. Seither hat die Verwendung von Zement in der Wirbelsäulenchirurgie Höhen und Tiefen erlebt. Nicht umsonst gibt es im Jahr 2023 noch immer eifrige Verfechter der Methode und solche, die sie strikt ablehnen.

Genau deshalb haben wir im Titel des Ihnen vorliegenden Schwerpunktheftes polarisiert mit der Frage: Wohl oder Wehe? Dass die Antwort hierauf wesentlich komplexer ist als die Frage selbst, dürfte uns allen klar sein. Daher war es nun nach vierzig Jahren und einer enormen Erfahrung mit der Verwendung von Zement an der Zeit, den aktuellen Stand des Wissens zu bündeln.

Insofern führt Sie unser Schwerpunktheft in die Kategorie „Zementaugmentation 2.0“ – soll heißen, dass die Autoren die Aufgabe erhielten, in objektiver Sicht den derzeitigen Stand des Wissens unter Würdigung offensichtlicher Vorteile, aber auch aller immanenter Gefahren zu erarbeiten, um eben nicht nur über die neuesten Trends zu berichten.

Ich freue mich sehr, Ihnen folgende fünf Beiträge zum Thema präsentieren zu dürfen: Schömig et al. legen in ihrem Artikel den Schwerpunkt auf Komplikationsvermeidung und -management. Spiegl zeigt in seinem Beitrag, dass es begehbare Pfade jenseits der maximal möglichen Zementierung – oder eben dem völligen Verzicht darauf – gibt. Scheyerer et al. beschäftigen sich mit der Frage, ob es überhaupt vernünftige Argumente für die regelmäßig propagierte prophylaktische Augmentation gibt. Osterhoff et al. thematisieren den Stellenwert von Zement in einer ganz bestimmten Pathologiegruppe, nämlich der Tumorchirurgie und schließlich widmen sich Palm et al. gezielt einem umschriebenen Abschnitt der Wirbelsäule, dem Sakrum, da eben auch hier – übrigens auch von interventionellen Radiologen, wie Deramond einer war – zementiert wird.

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Freude mit dem vorliegenden Heft und würde mich freuen, wenn Sie am Ende der Lektüre den Autoren und mir zustimmen im Resümee, dass es notwendig ist, das „Wohl“ nicht überzustrapazieren, um das „Wehe“ zu vermeiden.

Ihr

Thomas Blattert



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Article published online:
24 October 2023

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