Zusammenfassung
Ziel Über die Qualität des Pandemiemanagements in
Deutschland existiert ein kontroverses Meinungsbild. Vor diesem Hintergrund ist
es angezeigt, Fehler und Versäumnisse des Pandemiemanagements sachlich
zu reflektieren und konstruktiv Maßnahmen zur Stärkung der
Resilienz ausgewählter Bereiche des Gesundheitssystems (Lieferketten,
Digitalisierung, Fachkräfteverfügbarkeit, Versorgungsstruktur,
Refinanzierung) zu entwickeln.
Methode Durchgeführt wurde eine Meta-Analyse verschiedener Studien
über die medizinische Versorgungssituation während der Pandemie,
ergänzt durch eine Analyse von Lieferabrissen bei Medizinprodukten und
Arzneimitteln sowie eine Recherche über die Arbeitssituation und
Arbeitszufriedenheit von „am Bett tätigen
Berufsgruppen“. Die Datenerhebung erfolgte durch Literaturanalyse,
anonymisierte Fragebogen und strukturierte Interviews mit Entscheidern
unterschiedlicher Funktionsbereiche (z. B. Einkauf/Logistik,
Medizin/Pflege).
Ergebnisse Die Resilienz von Lieferketten steigt durch teilweise
Rückverlagerung systemkritischer Produkte und verstärkte
Orientierung am Kriterium „Liefersicherheit“ bei der Auswahl von
Partnern und Standorten.
Telemedizinische Dienste zur Betreuung von Patienten im häuslichen
Bereich und digitale Behandlungs-Plattformen für virtuelle Arztbesuche
bewirken Kontaktreduktion im Pandemiefall, verhindern medizinische
Spätfolgen und volkswirtschaftliche Kosten unterlassener
Vorsorgeuntersuchungen, nutzen knappe Arzt-Ressourcen effizienter und
erhöhen die Verfügbarkeit medizinischer Leistungen in der
Fläche.
Die Vergütung medizinischer Leistungen sollte auf die Prinzipien des
Value-Based Health Care-Ansatzes umgestellt und durch eine
funktionsabhängige Finanzierung von Vorhaltekosten ergänzt
werden.
Die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen in Verbindung mit
arbeitgeberseitigen Unterstützungsmaßnahmen wie z. B.
kostenfreie 7/24-KiTa-Plätze und einer angemessenen
Vergütung stellt ein wirksames Maßnahmenbündel zur
Begegnung des Fachkräftemangels dar.
Schlussfolgerungen Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die
Krisenresilienz des Gesundheitssystems für die Zukunft zu
stärken.
Krankenhaus-Manager haben die Aufgabe, die Arbeitsbedingungen
familienfreundlicher zu gestalten und die Entgeltsituation für
„am Bett tätige Berufsgruppen“ nachhaltig zu verbessern,
um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Politik und Verbände sind gefordert, die Finanzierung von Vorhaltekosten
in das Vergütungssystem einzubauen, die Digitalisierung voranzutreiben
und für den Aufbau von heimischen Reserve-Produktionskapazitäten
bei systemkritischen Medizinprodukten sowie Arzneimitteln zu sorgen.
Der Beitrag der Medizinindustrie liegt in der Verkürzung globaler
Lieferketten, um deren Steuerbarkeit zu erleichtern sowie deren
Versorgungssicherheit zu erhöhen. Die Entwicklung von nachhaltigen
Produkten verringert den Ressourcenbedarf, senkt die Kosten der
Betriebsbereitschaft, unterstützt die Klimaziele und reduziert das
Risiko von Lieferabrissen.
Abstract
Aim After three years of conflicting experiences with the Corona pandemic
it is recommended to examine failures and consequences of the crisis management,
but also to develop measures and concepts fostering the resilience of the health
care system, especially in the areas of supply chain management, reimbursement,
and digitalisation.
Method A meta analysis pertaining the health service situation during the
pandemic was conducted, complemented by an analysis of bottlenecks in the
provision of medical products and pharmaceuticals. A research on working
conditions and employee satisfaction of occupational groups working at the
bedside was added.
Results The resilience of supply chains can be strengthened by the
reshoring of medical products critical to the the quality of medical services
and by choosing suppliers and production facilities oriented to the
„delivery reliability“ as a selection criteria.
Telemedicine services enable the at-home-care of patients and digital platforms
offering virtual visits of familiy doctors as well as specialists contribute to
reducing peer-to-peer contacts, and prevent from long-term effects of postponed
diagnostic and therapeutic interventions.
Telemedicine supports an intensive use of tight physician resources and improves
the availability of medical expertise also in rural areas.
Establishing attractive working conditions turned out to be a success factor in
the fight against the lack of professionals.
Conclusion In order to strengthen the resilience of the health care system
and to be better prepared for future pandemic waves, a close co-operation
between hospital managers, suppliers as well as politicians and federation
representatives is needed. And, an holistic approach for redesigning health care
is requested, especially in the areas of reimbursement, human resource
management inside the hospital, digitalisation of medical service processes and
the security of supply referring to medical products and pharmaceuticals.
Schlüsselwörter
Digitalisierungslücke - Fachkräftemangel - Lieferketten-Management - Value-Based Health
Care - Vorhaltekosten
Key words
digitalisation gap - lack of professionals - supply chain management - value-based
health care - hold up capacity costs