Angewandte Nuklearmedizin 2022; 45(04): 249-250
DOI: 10.1055/a-1958-6127
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Kommentar zu „HYBRID – 68Ga-FAPI-PET/ MRT deckt bei Mammakarzinomen zusätzliche Tumoren auf“

Contributor(s):
Christina Pfannenberg

In der vorliegenden Studie von Backhaus und Burg et al. wird in einer systematischen Analyse der Einsatz eines neuen PET-Tracers, des FAP-Inhibitors (FAPI) für das lokale und Ganzkörper-Staging bei Brustkrebs untersucht. Das Fibroblasten-Aktivierungsprotein (FAP) ist das molekulare Target dieser Bildgebung, bei der nicht die Tumorzelle selbst, sondern Zellen der Tumorumgebung („tumor microenvironment“) im Zentrum stehen. FAP wird im Stroma zahlreicher Tumore durch tumor-assoziierte Fibroblasten hochreguliert, in gesundem Gewebe dagegen nicht bzw. nur schwach exprimiert []. Erste klinische Studien mit FAPI-PET zeigen eine intensive Aufnahme dieses Tracers in verschiedenen Primärtumoren und deren Metastasen, wie auch im Mammakarzinom. Da gleichzeitig die Bindung in gesundem Gewebe gering ist, resultiert eine hohe Tumor-to-Background-Ratio mit kontrastreichen PET-Bildern [].

Es ist bekannt, dass der bisher zur PET-Bildgebung des Mammakarzinoms am häufigsten verwendete Tracer 18F-FDG bei der Diagnostik gut differenzierter Primärtumore Limitationen aufweist []. Bestimmte Subtypen des Mammakarzinoms wie z. B. das lobuläre Karzinom zeigen einen niedrigen Glukose-Stoffwechsel und können deshalb auch bei erheblicher Größe im FDG-PET okkult bleiben. Neben der geringen Sensitivität gibt es auch Einschränkungen in der Spezifität des FDG-PET, was die Differenzierung benigner und maligner Mammaläsionen betrifft.

In ihrer Analyse des FAPI-PET/MRT bei 19 Patientinnen mit histologisch gesichertem invasiven Mammakarzinom konnten die Autoren in allen Fällen eine intensive Tracer-Aufnahme, insbesondere im Primärtumor der Brust, aber auch in den LK- und Fernmetastasen aufzeigen. Dabei zeigte der FAPI-Uptake keine Abhängigkeit vom histologischen Tumor-Typ (duktal/lobulär) oder vom Subtyp bez. Hormonexpression, HER2-Expression und Grading, was einen wesentlichen Vorteil gegenüber FDG darstellt. Da die PET-Diagnostik kombiniert mit der MRT in einem integrierten PET/MRT-Scanner erfolgte, konnten synergistische Effekte der beiden Methoden im Hinblick auf die Untersuchungsgenauigkeit insbesondere beim lokalen Staging genutzt werden [].

Insgesamt haben Backhaus und Burg et al. mit ihrer Studie eindrucksvoll belegt, dass der Einsatz von 68Ga-FAPI-PET/MRT für die Primärtumordiagnostik und das Ganzkörper-Staging beim Mammakarzinom einen vielversprechenden Ansatz bietet. Im Hinblick auf die Lokaldiagnostik ist besonders die im Vergleich zur MRT höhere Spezifität des FAPI-PETs für den Nachweis eines invasiven Tumorwachstums interessant.

Die Limitationen der Studie sollen jedoch nicht unerwähnt bleiben. Dazu gehören zum einen die von den Autoren selbst aufgeführte niedrige Fallzahl (19 Patienten) sowie das retrospektive Design. Darüber hinaus ist ein Selektionsbias nicht auszuschließen, da es sich bei den Studienteilnehmerinnen fast ausschließlich um Patientinnen mit großen (median: 26 mm) bzw. lokal fortgeschrittenen Primärtumoren mit einer Tendenz zu mehr aggressiver Erkrankung handelte. Nur 2 Patienten wiesen Fernmetastasen auf. Histologische Aufarbeitungen bzw. klinisches Follow-up aller suspekten Herde (LK, Fern-Mets) bei den einzelnen Subtypen lagen nicht vor, allgemeine Aussagen zur Sensitivität und Spezifität der Methode sind deshalb nicht zuverlässig möglich.

Trotz des prognostischen Potenzials ist die Datenbasis zum 68Ga-FAPI-PET beim Mammakarzinom derzeit noch zu gering, um Empfehlungen für die klinische Praxis ableiten zu können. Es sind prospektive Studien mit größerer Fallzahl bei unterschiedlichen Tumorsubtypen (Histologie, Rezeptorstatus, Grading) erforderlich, um die Rolle des FAPI-PET im klinischen Alltag der Brustkrebsdiagnostik und bei verschiedenen klinischen Szenarien klar zu definieren. Das schließt ein, den möglichen Zugewinn des FAPI-PET im Vergleich zum FDG-PET und den bisherigen bildgebenden Methoden sowohl für die Primärtumor- als auch für die Ganzkörper-Diagnostik beim Mammakarzinom exakt herauszuarbeiten.



Publication History

Article published online:
02 December 2022

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