Sportphysio 2022; 10(05): 262
DOI: 10.1055/a-1955-5410
Notes
Veranstaltungsbericht

Athletikkonferenz 2022

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Abb. 1 In der Sportschule Hennef fand vom 3.–4. September die Athletikkonferenz 2022 statt.
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Abb. 2 Eindrücke vom Athletiktag 2022. a Die Vorträge im Plenum wurden vom Publikum gut angenommen. b Auch bei den Workshops war das Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer groß

Das Berufsbild des Athletiktrainers gewinnt immer mehr an Bedeutung. Vor Jahren noch als „Warmmacher“ belächelt oder als „Fitness-Guru“ verklärt, verfügt beispielsweise im Fußball heute ausnahmslos jeder Profi-Club über eine eigene Athletik- und Reha-Abteilung. Dennoch ist das junge Berufsbild des Athletiktrainers noch immer ein sehr dynamisches, das einem steten Wandel unterworfen ist – was innerhalb der Szene nicht selten zu sehr kontroversen Standpunkten führt. Einen Eindruck dieses Spagats zwischen harten Daten und breiten Interpretationsmöglichkeiten bekamen Besucher der Athletikkonferenz 2022, die am 3. und 4. September an der Sportschule Hennef stattfand.

Die internationalen Referentinnen und Referenten kamen aus den unterschiedlichsten Disziplinen, u. a. Sportwissenschaft, Neurobiologie, Datenmanagement und Trainerstab. Inhaltlich kreisten die Vorträge vorwiegend um technische und diagnostische Mittel, mittels derer die Performance von Athleten weiter optimiert werde könnte: das täglichen Abfragen von subjektivem Befinden der Sportler mittels App, die laborgestützte Bestimmung der Darmflora, die GPS-gestützte Trainingsplanung oder die Bedeutung der Chronobiologie. Auf der anderen Seite standen jedoch auch Beiträge, die man beinahe schon als „Gegenbewegung“ zu den teils hoch technisierten Trainingssteuerungsmethoden interpretieren konnte. Einer davon war der wissenschaftlich sehr fundierte Vortrag von Thieme-Autor Daniel Kadlec, der unter anderem dafür plädierte, das eigene Portfolio an Übungen regelmäßig „auszumisten“, anstatt es immer mehr zu erweitern. Eine seiner Botschaften: „Nutze, was sich lange bewährt hat – und setze nicht immer auf die neuen Trends“. Im Training von Spielsportlern plädierte er dafür, durch Veränderungen des „normalen“ Bewegungsablaufs die Belastung auf verschiedene Gelenke gezielt zu erhöhen, um die Athleten damit auf das „Chaos“ an Bewegungen und Belastungen vorzubereiten, auf das sie im Match zwangsläufig treffen werden.

Bemerkenswert in anderer Weise war der Auftritt der im Profifußball bekannten Größe Raymond Verheijen, einem ehemaligen Fußballer, der Profivereine in Trainingsfragen berät: Die ersten Minuten seines Vortrags wartete er, dass auch die Nachzügler Platz genommen hatten. Dann eröffnete er mit den Worten, man habe ihm gesagt, bei dieser Konferenz seien viele Experten, die mit Profifußballern zusammenarbeiten. Was er hier jedoch sehe, sei ein Haufen von Amateuren. Denn wie könne man Profi sein, wenn man die Pünktlichkeit, die man von „seinen“ Sport-Profis erwarte, selbst nicht als wichtig erachte. Als er dann später noch einen Teilnehmer anblaffte, der, ohne zu fragen, eine der Folien abfotografierte, saß das Publikum endgültig da wie ein Haufen Erstklässler vorm Rektor. Im Vortrag selbst thematisierte Verheijen die „Football Fitness“. Diese besteht für ihn nicht darin, als Spieler beispielsweise lange rennen oder schnell mit einem Ball um Hütchen herumdribbeln zu können. Vielmehr sollte ein Spieler die 3 Fähigkeiten „communicate“, „decide“ und „execute“ während eines Spiels bestenfalls bei 100 % halten – und zwar sowohl hinsichtlich der Frequenz als auch in Bezug auf die Qualität. Dass während des Vortrags jeder der Zuhörer darauf achtete, seinen Stift am Herunterfallen zu hindern, und die Handys durchweg in den Taschen blieben, spricht für die enorme Autorität Verheijens.

Eine insgesamt sehr gelungene Veranstaltung mit rund 250 Teilnehmenden, 2 Vortragssträngen, Industrieausstellung und leckerem Catering. Eine Empfehlung für alle die sich für diesen Bereich interessieren!

Joachim Schwarz und Christian Meitzler



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Article published online:
23 November 2022

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