DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2023; 21(01): 44-47
DOI: 10.1055/a-1947-1474
VOD | intern

VOD e.V. Bundesvertretung der Osteopathen in Deutschland

Mehr als 400 Osteopathen beim internationalen Kongress in Bad Nauheim

Sie war an allen Ecken spürbar – die Freude über das unbeschwerte Zusammensein nach 2-jähriger Pause: Mehr als 400 Osteopathen und Referenten aus den USA, Kanada, Lettland und Deutschland waren vom 16.–18. September 2022 zum 23. internationalen Osteopathie-Kongress des VOD e.V. Osteopathie – the biodynamic view – Dr. James Jealous D.O. ([Abb. 1]) ins Hotel Dolce by Wyndham in Bad Nauheim angereist. Vorträge und Workshops bestimmten das Programm, der kollegiale Austausch beim Get-together und das Feiern beim Galaabend rahmten das Treffen ein.

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Abb. 1 Mehr als 400 Osteopathen nahmen am 23. Internationalen VOD-Kongress in Bad Nauheim teil. Quelle: Andreas Golling [rerif]

Die Veranstaltung sollte ursprünglich 10 Jahre nach dem erfolgreichen und bewegenden Kongress mit Dr. James Jealous D.O. in Weimar erneut mit von ihm autorisierten Lehrern stattfinden. Gemeinsam mit Dr. Jealous D.O. hatte der VOD bereits 2020 begonnen, den Kongress zu planen. Auch wenn er nach seinem Tod nicht mehr dabei sein kann, war es den Organisatoren eine Herzensangelegenheit, den Kongress im Sinne und zum Andenken an ihnWirklichkeit werden zu lassen. VOD-Vorstandsmitglied und Organisatorin Ulrike von Tümpling D.O. erinnerte bei der Eröffnung an „einen ganz großen Osteopathen, der uns auf den Weg gebracht und uns Kraft gegeben hat“. Sie freute sich, die vielen namhaften Dozenten und Workshop-Leiter begrüßen zu können, an die er sein Wissen jahrelang vermittelt hatte. Wie bereits vor 10 Jahren in Weimar eröffnete auch diesmal Falk Zenker mit berührender Gitarrenmusik und bewegenden Klangkompositionen den Kongress. Jan Petrus Koop D.O. gab als 1. Redner des Tages einen Einblick in die Entwicklung des biodynamischen Konzepts nach Dr. James Jealous D.O., Dr. Olga Steggerda D.O. aus Riga ging auf das Flüssigkeitskonzept der Biodynamik ein und Francoise Desrosiers D.O. aus Kanada sprach über die Mittellinie und das embryonale Prinzip. Tom Esser D.O. widmete sich in seinem Vortrag der „Stillness“ und seinen Erfahrungen mit Dr. James Jealous D.O. Im Anschluss an das gemeinsame Mittagessen konnte die Theorie in 9 verschiedenen Workshops praktisch erprobt werden. Der Abend klang schließlich bei einem geselligen Get-together aus.

Die Zahlen sprechen für sich: Rund 15 Millionen Menschen in Deutschland haben sich bereits osteopathisch behandeln lassen. Etwa 10 000 nichtärztliche Osteopathen sind hierzulande tätig. Gleichzeitig sind Ausbildungsstandards, Ausübung und Berufsbezeichnung nicht gesetzlich geregelt. Diese Gegebenheiten kritisierte Prof. Marina Fuhrmann DO, VOD-Vorsitzende, zur Eröffnung des 2.Kongresstages in Bad Nauheim. „Nur ein Berufsgesetz bietet die Garantie einheitlicher Standards, um die notwendige, hohe Qualität der Osteopathie überprüfbar gewährleisten zu können. Nur ein Berufsgesetz schafft Transparenz und Rechtssicherheit für Patienten und Osteopathen“, sagte Prof. Fuhrmann und verwies darauf, dass sich die Osteopathie seit mehr 25 Jahren auf dem 2. Gesundheitsmarkt wirtschaftlich erfolgreich etabliert hat. „Sie sichert ca. 15 000 Arbeitsplätze – Tendenz steigend –, hat ein Umsatzvolumen von rund 1 Milliarde Euro jährlich, erwirtschaftet rund 350 Millionen Steuern pro Jahr und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärzten und therapeutischen Berufen funktioniert.“ Wie eine aktuelle Forsa-Umfrage zeigt, sind 90% der Patienten mit den osteopathischen Behandlungen zufrieden, viele empfehlen Osteopathie im Freundes- und Bekanntenkreis weiter und 80% finden eine berufsgesetzliche Regelung wichtig oder sehr wichtig. Umso wichtiger, dass das Bundesgesundheitsministerium der einstimmigen Empfehlung der Bundesländer nachkomme, ein Berufsgesetz für Osteopathie zu prüfen, unterstrich Prof. Fuhrmann.

Einen Ausblick auf die Fortführung der von der Akademie für Osteopathie (AFO) geförderten Migränestudie, deren erste Ergebnisse gemeinsam mit 3 weiteren Studien beim „Wissenschaftlichen Tag“ am 15. September vorgestellt wurden, gaben Prof. habil. Dr. Karl-Ludwig Resch und Florian Schwerla DO. Sie forderten alle Osteopathen auf, sich daran – ohne eigenen finanziellen Aufwand – zu beteiligen. Das Besondere: Fragebögen und statistische Auswertungen sind bereits vorhanden, das wissenschaftliche Arbeiten wird demnach sehr vereinfacht und von AFO-Experten unterstützt. Um mehr Osteopathen zum Schreiben von wissenschaftlichen Arbeiten zu gewinnen, wird die AFO mit finanzieller Unterstützung des VOD künftig weitere Studien auf diese Art fördern.

Über seine (Lehr-)Erfahrungen vor und während seiner über 20-jährigen Tätigkeit als zertifizierter Ausbilder für den Lehrplan Biodynamic approach to Osteopathy mit Dr. Jealous D.O. sprach Prof. Dr. Tom Shaver D.O. in seinem Vortrag. Derzeit unterrichtet er jährlich in mehr als 40 Kursen, die jeweils 4 Tage dauern, mit etwa 1 000 Osteopathie-Absolventen und Osteopathen in Europa und Japan. Dr. Stefan Hagopian D.O. aus Kalifornien, ebenfalls ein enger Wegbegleiter von Dr. Jealous D.O., blickte auf dessen Lehre zurück und stellte enge Verbindungen zu Erkenntnissen des Embryologen Dr. Blechschmidt und des Osteopathen William Garner Sutherland dar. Die osteopathische Behandlung von Kindern war Thema des abschließenden Vortrags von Dr. William Foley D.O. aus Newton (USA). In Workshops vertieften die Teilnehmer nachmittags die Theorie in der Praxis. Mit einem Galaabend und der Ehrung der frisch gebackenen DOs endete dieser Kongresstag feierlich.

Zwei bewegende Vorträge von Dr. Christina Steele D.O. und Dr. Steven Kisiel D.O. und 9 weitere Workshops beschlossen den Kongress am Sonntag. Dr. Christina Steele D.O. sprach über Studien und persönliche positive Erfahrungen mit der osteopathischen Behandlung von Patienten, die von Long Covid und Impfreaktionen betroffen waren. Die amerikanische Medizinerin und Osteopathin ist Dozentin für das biodynamische Programm von Dr. James Jealous in Deutschland, den USA und anderen Ländern. Dr. Steven Kisiel D.O. aus den USA verdeutlichte anschaulich das Prinzip der „ewigen Gesundheit“. Er unterrichtet seit 2009 national und international, lehrt das von James Jealous D.O. entwickelte Programm Biodynamics of Osteopathy und hat ein starkes Interesse daran, auch Bevölkerungsgruppen mit geringen finanziellen Mitteln im In- und Ausland eine hochwertige osteopathische medizinische Versorgung zukommen zu lassen.

Gleich im Anschluss an die kurze Pause konnten Workshops besucht werden. Mit einem herzlichen Dank an alle Mitwirkenden aus dem VOD-Team verabschiedeten VOD-Vorsitzende Prof. Marina Fuhrmann D.O. und Vorstandsmitglied und Kongressorganisatorin Ulrike von Tümpling D.O. die Kongressteilnehmer: Standing Ovations gab es zum Abschluss für das Dozententeam auf der Bühne.



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Article published online:
03 January 2023

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