Sportphysio 2022; 10(04): 160-162
DOI: 10.1055/a-1875-3208
Research

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Apophysenverletzungen

Bei jugendlichen Fußballspielern häufig unterdiagnostiziert

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Abb. 1 Bei jugendlichen Fußballspielern kommt es aufgrund von Überlastungen immer wieder zu Apophysenverletzungen. Eine retrospektive Studie in der Elite-Akademie des FC Barcelona untersuchte, wie häufig es zu solchen Verletzungen kommt, wo sie lokalisiert sind und welche Konsequenzen das für die betroffenen Talente hatte. (Quelle. © matimix/stock.adobe.com/Symbolbild)

Nach Angaben der FIFA spielen 240 Millionen Menschen (4 % der Weltbevölkerung) aktiv Fußball, und die meisten der registrierten Fußballspieler sind Jugendliche. Obwohl der Sport mit verschiedenen gesundheitlichen Vorteilen verbunden ist, kommt es immer wieder zu muskuloskelettalen Verletzungen. Hierzu zählen auch Verletzungen der Apophyse, die bei Kindern und Jugendlichen wachstumsbedingt sein können. Aufgrund der Unreife ihres Skeletts sind sie anfälliger dafür, und diese Verletzungen kommen häufig vor.

Apophysen sind sekundäre Wachstumszentren, die als Ansatzstellen für Sehnen dienen. Apophysenverletzungen werden durch wiederholte Überlastungen verursacht, die zu entzündlichen und degenerativen Zuständen an wachsenden Knochenvorsprüngen führen. Wenn eine Apophyse starkem Zug ausgesetzt ist, kann so der Knochen frakturieren und dislozieren. Dies wird als Abrissfraktur bezeichnet. Die Prävalenz, Diagnose und Behandlung solcher Verletzungen bei jungen Fußballspielern ist jedoch noch wenig erforscht. Deshalb führten Wissenschaftler eine Fallserie durch und bewerteten die Merkmale von Apophysenverletzungen bei jugendlichen Sportlern im Alter von 7–19 Jahren der Elite-Fußballakademie des FC Barcelona.

Von Juli 2008 bis Juni 2015 wurden 210 Apophysenverletzungen dokumentiert, darunter 172 einfache Apophysenverletzungen und 38 apophysäre Abrissfrakturen. Die Häufigkeit von Apophysenverletzungen insgesamt lag bei 0,35 pro 1000 Stunden Trainingsbelastung. Bei 196 (93,3 %) Fällen handelte es sich um Primärverletzungen. Die Diagnose erfolgte in erster Linie mittels Ultraschalluntersuchung (81,9 %). Die häufigste Lokalisation war die Spina iliaca anterior inferior (SIAI). Sportler mit Apophysenverletzungen am Ramus ischiopubicus oder mit einfachen Apophysenverletzungen und jüngere Sportler kehrten schneller zum Sport zurück. Den Ergebnissen zufolge treten apophysäre Verletzungen der Hüfte (SIAI, Crista iliaca und Tuber ischiadicum), öfter bei 12–14-Jährigen auf, während apophysäre Verletzungen der unteren Extremität wie Femur, Patella, Tibia und Calcaneus bei 10–12-Jährigen häufiger zu sein scheinen. Apophysäre Verletzungen mit einer knöchernen Dislokation von weniger als 2 cm werden traditionell nicht chirurgisch behandelt.

FAZIT

Die Daten bestätigen, dass junge Athleten mit apophysären Abrissfrakturen sowohl im Training als auch im Wettkampf länger brauchen, um wieder fit zu werden. Diese Erkenntnisse sind relevant, da die jugendlichen Spieler in der Profi-Akademie nicht zu lange ausfallen sollen. Die Ergebnisse unterstreichen jedoch auch, wie wichtig es ist, diesen Spielern angemessene Ruhezeiten zu gewähren. Regelmäßige Nachuntersuchungen und eine enge Kommunikation mit den verletzten Spielern, Trainern und anderem Personal (Mannschaftsärzte, Physiotherapeuten und Sporttherapeuten) würden die sichere Rückkehr zum Spiel erleichtern, die Wahrscheinlichkeit von Trainingsausfällen verringern und helfen, erneute Verletzungen zu vermeiden. Da die Daten der Studie lediglich aus einem Fußballclub allein stammen und nur professionelle, männliche Spieler eingeschlossen waren, lassen sich die Ergebnisse nicht verallgemeinern.

AUF EINEN BLICK

Design: Fallserie (Evidenzgrad 4): prospektive Beobachtungsstudie

Teilnehmer: Kinder und jugendliche Fußballspieler

Parameter: Apophysenverletzungen

Resultate: Die häufigste Stelle für apophysäre Verletzungen war die Spina iliaca anterior inferior. Die Rückkehr zum Training und zu Wettkämpfen unterschied sich je nach Lokalisation und Art der Verletzung sowie Alter.

Katrin Veit

Gudelis M, Perez LT, Cabello JT. Apophysitis among male youth soccer players at an elite soccer academy over 7 seasons. Orthop J Sports Med 2022; 10 (1): 23259671211065063.


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
05. September 2022

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