Arthritis und Rheuma 2022; 42(04): 215-217
DOI: 10.1055/a-1845-5207
Editorial

Neue Krankheitsentitäten

Christoph Fiehn
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Raoul Bergner
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Prof. Dr. Christoph Fiehn
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Prof. Dr. Raoul Bergner

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in den vergangenen Jahren sind in der Rheumatologie immer wieder neue Krankheitsentitäten entdeckt und neu definiert worden. Teilweise wurden diese früher unter anderen Diagnosen subsummiert und erst die Entdeckung neuer Autoantikörper oder anderer diagnostischer Marker hat den Blick dafür geschärft, dass hier eigenständige Erkrankungen mit unterschiedlichen Verläufen und Therapieansätzen vorliegen. Auf jeden Fall sind diese „neuen Krankheiten“ inzwischen ein Teil der täglichen diagnostischen und therapeutischen Herausforderungen für klinisch tätige Rheumatologen.

Die vorliegende Ausgabe von arthritis + rheuma widmet sich einigen dieser neuen Krankheitsentitäten und stellt diese dar.

Frau Dr. Bauhammer stellt in ihrem Beitrag die Gruppe der Antisynthetase-Syndrome vor, die früher ohne nähere Abgrenzung als Teil der Myositiden gesehen wurde. Durch die Entdeckung der unterschiedlichen Synthetase-Antikörper, z. B. Jo-1, PL-7 und PL-12, um nur einige zu nennen, und die Definition der typischen Symptomtrias aus Myositis, Arthritis und interstitieller Lungenerkrankung konnte hier eine neue Gruppe innerhalb der Myositiden abgegrenzt werden. Vor allem die Lungenbeteiligung kann für die Patienten sehr bedrohlich verlaufen und zu schweren Lungenfibrosen führen. Ein rechtzeitiges Erkennen ist daher essenziell für die betroffenen Patienten.

Eine weitere 2003 neu entdeckte Gruppe von Erkrankungen sind die IgG4-Erkrankungen, die im Beitrag der Kollegen Dr. Thiele und Prof. Witte ausführlich beschrieben werden. Einige bereits früher bekannte Erkrankungen, wie z. B. das Mikulicz-Syndrom oder die Riedel-Thyreoiditis, konnten hier zugeordnet werden. Die Gruppe der IgG4-Erkrankungen ist gerade auf Grund ihrer Vielfältigkeit im klinischen Auftreten oftmals eine Herausforderung für den behandelnden Arzt. Inzwischen sind für diese Erkrankungsgruppe diagnostische Kriterien definiert worden, die die Diagnosestellung erleichtern. IgG4-Erkrankungen sind, wie auch viele andere Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, Erkrankungen, die oftmals ein interdisziplinäres Team benötigen, um eine korrekte Diagnose stellen zu können und die Therapie zu steuern.

Ein Mischbild aus Autoimmunität und Autoinflammation stellen die Interferonopathien dar, die in ihrer Pathophysiologie und klinischen Erscheinungsformen von Frau Dr. Weidler und Frau Prof. Lee-Kirsch dargestellt werden. Hinter dem Begriff der Interferonopathien verbergen sich mehrere insgesamt jedoch seltene Erkrankungen, deren Genetik inzwischen aufgeklärt wurde. Durch zunehmende Kenntnis der immunologischen Abläufe können diese Erkrankungen inzwischen besser behandelt werden, sodass deren korrekte Diagnose wichtig ist.

Den Bogen zu den eher autoinflammatorisch bedingten Erkrankungen mit rezidivierender Perikarditis (IRP) schlägt der Beitrag von Dr. Krusche und Dr. Ruffer. Bei der idiopathischen rezidivierenden Perikarditis können in einigen Fällen Genmutationen nachgewiesen werden, die vom TRAPS oder dem familiären Mittelmeerfieber (FMF) bekannt sind, sodass es sich bei diesen Fällen möglicherweise um Abortivformen dieser Erkrankungen handelt. Die rezidivierende idiopathische Perikarditis ist damit auch für den Rheumatologen eine interessante Erkrankung geworden, bei der er die kardiologischen Kollegen mit seiner Kenntnis über autoinflammatorische Erkrankungen unterstützen kann.

Der letzte Beitrag stellt eine erst vor kurzem entdeckte neue Erkrankung vor. Das VEXAS-Syndrom wird von Dr. Krusche und Frau Prof. Kötter vorgestellt. Diese im Jahr 2020 erstmals publizierte Erkrankung kann durch typische Veränderungen im Knochenmark gut diagnostiziert werden. Allerdings macht es das sehr variable Erscheinungsspektrum nicht leicht, diese Erkrankung in die differenzialdiagnostischen Erwägungen einzubeziehen.

Insgesamt sind die hier dargestellten Erkrankungen nicht nur neu, sondern auch seltene Erkrankungen. Wir hoffen jedoch mit diesem Heft Ihren detektivischen Geist geweckt zu haben und wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Suche nach den dargestellten Erkrankungen.

Ihre

Prof. Dr. Christoph Fiehn, Baden-Baden

Prof. Dr. Raoul Bergner, Ludwigshafen am Rhein



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Article published online:
07 September 2022

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