Handchir Mikrochir Plast Chir 2022; 54(03): 177
DOI: 10.1055/a-1817-2291
Editorial

Differentialtherapeutische Zugänge in der Handchirurgie

Approaches in Hand Surgery depending from the chosen therapy
Karl-Josef Prommersberger

Lange Zeit bedurfte es in der Handchirurgie – wie auch in allen anderen chirurgischen Disziplinen -, war einmal die Indikation zur Operation gestellt, keiner weiteren Entscheidung, sieht man einmal von der Wahl des Operationszeitpunktes ab. Grund war der Umstand, dass es für viele Krankheitsbilder nur ein Operationsverfahren und damit einhergehend oft nur eine gebräuchliche Inzision gab. Heute verfügen wir für viele Krankheitsbilder geradezu über eine ganze Palette verschiedener Operationsverfahren, die zwar nicht immer, aber doch oft mit unterschiedlichen chirurgischen Zugängen einhergehen.

Bestes Beispiel ist das Karpaltunnelsyndrom, das Jahrzehnte lang mittels offener Dekompression über eine mehr oder weniger lange Inzision behandelt wurde. Heute besteht die Möglichkeit den Karpalkanal minimal-invasiv offen über zwei kleine Inzisionen zu dekomprimieren oder endoskopisch unter Verwendung eines oder zweier Portale und selbstverständlich weiterhin offen über eine längere Inzision. Aber woran macht man die Entscheidung fest? Warum macht es einen Unterschied, ob die „klassische“ lange Inzision zur Karpaltunnelspaltung in Verlängerung der Radialseite des Ringfingers erfolgt oder mittig über dem Retinaculum flexorum oder gar radial der Mitte?

Täglich stellen sich weltweit in handchirurgischen Sprechstunden Patienten mit persistierenden, aber auch neu aufgetretenen Beschwerden nach Operationen an der Hand, dem Handgelenk und auch am Ellenbogen vor. Bei manchen dieser Beschwerden besteht – auch – ein Zusammenhang mit dem gewählten Zugang. Ziel dieses Schwerpunktheftes war entsprechend die Beschreibung von Behandlungsalgorithmen einerseits und damit einhergehenden differenzierten chirurgischen Zugängen. Dabei war es nicht die Vorgabe an die Autoren lehrbuchartig die diversen Behandlungsmöglichkeiten und damit verbundenen Zugänge zu beschreiben. Vielmehr sollten sie kundtun, warum in ihrer Klinik beim vorgegebenen Krankheitsbild in der einen Situation die Entscheidung für ein bestimmtes Operationsverfahren erfolgt und in einer anderen für eine andere Methode und damit verbunden für welchen Zugang. Entsprechend haben die Beiträge keinen Leitliniencharakter. Mögen sie trotzdem dazu beitragen, zugangsassoziierte postoperative Beschwerden zu reduzieren.

Schweinfurt im Mai 2022

Karl-Josef Prommersberger



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Article published online:
10 June 2022

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