Deutsche Fachgesellschaft für Reisemedizin e. V.

Liebe Kolleginnen und Kollegen in der DFR!

Reisen verbindet, das ist uns allen bewusst. Noch Jahre nach einer Reise durch ein Land nimmt man Nachrichten von dort genauer wahr, „springt an“, wenn man ein Restaurant mit der Küche des Landes sieht.

Aber Reisen können auch trennen. Sie können Familien auseinanderreißen, wie wir das gegenwärtig bei den Millionen von Flüchtenden aus der Ukraine sehen. Die Frauen und Kinder, die bei uns ja vor allem ankommen, wissen nicht, ob sie Väter, Ehemänner oder Söhne je wiedersehen. Sie kämpfen mit ihren Traumata nach Bombardements und Nächten im Keller, nach einer Flucht voller Unwägbarkeiten und Gefahren. Das erinnert uns daran, dass „Reisen“ nicht automatisch Urlaub bedeutet und nicht automatisch wir die Reisenden sind.

Massenhafte Reisen verbinden aber nicht nur Kulturen, sondern auch die Epidemiologie zweier Länder – besonders rasch eben hinsichtlich der Infektionskrankheiten. Hier ist im Zusammenhang mit der Ukraine darauf hinzuweisen, dass in den letzten Jahren schon der Routineimpfschutz von der WHO als außerordentlich lückenhaft eingeschätzt wurde. Das betrifft beispielsweise auch Routineimpfungen wie die gegen Diphtherie oder Polio und hat bei letzterer in den letzten Monaten vor Kriegsbeginn schon zu Fällen von Polio als Folge verwilderter Schluckimpfviren geführt. Doch auch die Tuberkulose kommt in Osteuropa deutlich häufiger vor, jede Massenunterkunft fürchtet die Masern, Varizellen oder Meningokokken, gerade wegen des hohen Anteils von Kindern unter den Geflüchteten. SARS-CoV-2 ist eine weitere Bedrohung. Umso wichtiger ist die Ergänzung eines guten, altersgerechten Routineimpfschutzes, was auch dazu beitragen kann, dass die hohe Akzeptanz von Ukrainerinnen und Ukrainern durch die Bevölkerung hier nicht durch ungewöhnliche Krankheitsausbrüche leidet.

NEUE VORSTANDSMITGLIEDER

Charlotte Saretzki

Reisen und das Erkunden fremder Länder und Kulturen sind schon seit Langem meine Leidenschaft, wobei mein besonderes Interesse der Region Ozeanien gilt. Im Studium hatte ich bereits früh die Gelegenheit, diese Leidenschaft zunächst über reisemedizinische Wahlkurse und schließlich im Rahmen einer Dissertation zur „Seroprävalenz von Dengue, Zika und Chikungunya auf den Cook Inseln und Vanuatu“ mit dem beruflichen Werdegang zu verbinden. Ich freue mich nun sehr über die Möglichkeit, durch eine Mitarbeit im Vorstand der DFR dieses spannende Teilgebiet der Medizin aktiv mitgestalten zu können.

Reisemedizin ist in diesen Monaten also auch ein Thema „mit umgekehrten Vorzeichen“. Im besten Falle ist es eine Medizin, die die Gesundheitsgefahren internationaler Kontakte auf der Basis eines Interesses und einer Kenntnis der Situation in anderen Ländern verringert.

Auch deswegen haben wir uns im Vorstand überlegt, dass wir in Zusammenarbeit mit unserem Wissenschaftlichen Beirat einen Literaturservice aufbauen wollen. Aktuelle Veröffentlichungen mit reisemedizinischem Bezug wollen wir Ihnen als Link zur Verfügung stellen, sind aber gleichzeitig auch offen für Vorschläge von Ihnen. Zuständig im Vorstand ist Frau Saretzki, die sich in diesem Heft als neu in den Vorstand gewähltes Mitglied kurz vorstellt.

Auch unsere Jahrestagung wird einer Hilfsorganisation die Möglichkeit zur Darstellung ihrer Arbeit geben und wir freuen uns auf den Erfahrungsbericht eines Kollegen, der für Ärzte ohne Grenzen tätig war. Natürlich haben wir auch weiterhin den Anspruch, Ihnen auf den Jahrestagungen Informationen für den Beratungsalltag und darüber hinaus für besondere Aspekte der Reisemedizin zu vermitteln. So wird denn auch von der Malariaprävention bis zum aufkommenden Weltraumtourismus ein weites Spektrum an Fragestellungen vertreten sein. Es geht aber immer auch um eine Vernetzung der Szene, ich würde mich also freuen, möglichst viele von Ihnen in Berlin begrüßen zu können.

Ihnen allen einen schönen Frühsommer!

Burkhard Rieke

Publication History

Article published online:
21 June 2022