Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2022; 29(03): 97
DOI: 10.1055/a-1814-7453
Editorial

Zukunft der Luftfahrt?

Torsten M. Pippig
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Dr. Torsten M. Pippig

Liebe Leserinnen und Leser,

zwei entscheidende Faktoren prägen gerade die zivile Luftfahrt, die Erfahrungen aus der COVID-19-Pandemie und der Klimaschutz. Der Anteil der Luftfahrt am weltweiten CO2-Ausstoß läge um 3 %, der Anteil an der globalen Erwärmung bei 5–6 %, weniger als der restliche Verkehr, dessen Anteil beträgt 21 %. (Der größte CO2-Ausstoß entsteht aber durch die Versorgung mit Wärme und Energie sowie durch die Industrie.) Wäre also der Verzicht auf Flugreisen eine Option? 2010 wurden 4,9 Mrd. Personenkilometer in der Luft zurückgelegt, 2019 waren es 8,5 Mrd. Derzeit betragen die Flugbewegungen ca. 50 % wie vor der Coronakrise, die Prognosen gehen davon aus, dass sich bis 2040 die Personenkilometer auf über 19 Mrd. verdoppeln. Es gibt auch andere Ansätze: Das Verbot von Kurzstreckenflügen, Beamte sollen lieber mit dem Zug fahren als den Flieger benutzen, die Modernisierung der Flugzeuge und damit ein geringer Treibstoffverbrauch, Wasserstoffflugzeuge (Airbus will bis 2035 ein Flugzeug mit Wasserstoffantrieb an den Start bringen), E-Fuel (wird aus Wasserstoff, CO2 und viel Strom hergestellt), Kompensation des CO2-Ausstoßes.

Flugzeuge transportieren nicht nur Menschen, sondern auch Luftfracht, diese wird jeweils zur Hälfte in speziellen Frachtflugzeugen und im Frachtraum von Passagierflugzeugen transportiert. Der Lufttransport ist deutlich weniger als der Land- und Seetransport, es werden vor allem hochwertige und zeitsensible Waren mit dem Flugzeug befördert. Im Jahr 2018 wurden 63,3 Mio. Tonnen Luftfracht befördert, seit dem Jahr 2019 befand sich die Branche jedoch in der Krise, u. a. aufgrund von internationalen Handelskonflikten und steigender politischer Unsicherheit. Die Coronapandemie verschärfte die Krise und 2020 wurden nur 56 Mio. Tonnen Luftfracht befördert. Denn der weltweite Export ging zurück und durch den Ausfall von Passagierflügen fiel eine bedeutende Menge Frachtkapazität weg. 2040 sollen weltweit 3400 Frachtflugzeuge eingesetzt werden, eine Verdopplung. Vergessen wir nicht die Flughäfen: Atlanta 110 Mio., Los Angeles 88 Mio., Dubai 86 Mio., Tokio 85 Mio., London 80 Mio. und Frankfurt a. M. 71 Mio. Passagiere 2019. Nicht nur mein persönliches Fazit: Flugzeuge sind ein unverzichtbares Personentransportmittel, Fliegen bringt die Menschen der Welt zusammen, Reisen wird immer ein wichtiger Teil der Völkerverständigung sein. Wie können wir das Reisen so gestalten, dass es nachhaltig ist und klimafreundlich wird?

Übrigens: Das gilt natürlich auch für die Kreuzfahrtschiffe!

Zur Luftfahrt gehört auch der militärische Bereich. Hauptaufgaben der militärischen Luftfahrt sind offensive, defensive und unterstützende Luftkriegsoperationen, der Aufklärung und Überwachung sowie Transport von Personal und Material. Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 hat sich die Sicherheitslage in Europa dramatisch verändert. Die nationale und die Bündnisverteidigung rückt wieder in den Fokus aller Nationen. Auch die Bundeswehr und die Luftwaffe müssen ihren Beitrag leisten können und deshalb mit qualifiziertem Personal und moderner Technik ausgestattet werden. Die Bundesregierung will dafür ein 100-Milliarden-Euro-Programm bereitstellen.

Was bedeutet das für uns Ärzte, wir werden weiter gebraucht als Aeromedical Examiner, als Fachberater der Passagiere, als militärischer Fliegerarzt, aber auch als Reisemediziner, Tropenmediziner und Maritimmediziner. Stellen wir uns den alten und neuen Herausforderungen.



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Article published online:
21 June 2022

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