Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2022; 29(02): 43-44
DOI: 10.1055/a-1775-7083
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Unn Klare
1   Behnkenhagen
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Polio-Wildtyp-Virus in Malawi

Erstmals seit mehr als 5 Jahren ist es in Afrika wieder zu einem durch Wildviren verursachten Polioausbruch gekommen: Bereits Mitte November 2021 traten bei einem 3-jährigen Mädchen in Malawis Hauptstadt Lilongwe Lähmungserscheinungen auf. Im Februar 2022 lagen dann die Ergebnisse von DNA-Sequenzierungen vor, die eine Verwandtschaft dieses Virus zu einer Variante des Wildtyps 1 zeigten, welcher im Jahr 2019 in der pakistanischen Provinz Sindh auftrat.

Zwischen dem letzten Nachweis dieses Virus in Pakistan und dem Erkranken des malawischen Mädchens lagen etwa 25 Monate. In dieser Zeit muss das Virus unbemerkt weiter zirkuliert sein – ob in Pakistan, Malawi oder möglicherweise sogar in beiden Ländern ist derzeit noch unklar, denn aufgrund der Coronapandemie hat die Qualität der Polio-Überwachungsprogramme während der vergangenen 2 Jahre in vielen Ländern gelitten.

Analyse von Verbreitung und Eindämmungsmöglichkeiten

Analytiker der Globalen Initiative zur Ausrottung der Polio (Global Polio Eradication Initiative, GPEI) versuchen nun herauszufinden, wann das Virus nach Malawi gekommen ist und wie weit es sich dort bisher verbreiten konnte. Außerdem soll das Risiko abgeschätzt werden, dass es bereits die Nachbarländer erreicht hat, denn zwischen den Bewohnern Malawis, Mosambiks, Sambias und Tansanias gibt es einen regen Austausch. Anschließend wird eine Impfstrategie für die betroffene Region erstellt, deren Ziel es ist, den Ausbruch binnen eines halben Jahres – bevor das Virus in Afrika Fuß fassen kann – zu beenden.

Die letzte belegte Wildvirusinfektion in Afrika erfolgte im Jahr 2016 in Nigeria, der letzte Fall in Malawi liegt bereits etwa 30 Jahre zurück. Seit 2020 gilt der ganze afrikanische Kontinent als „frei von Polio-Wildtyp-Viren“. Die letzten verbliebenen Endemiegebiete sind Pakistan und Afghanistan. Nachweise außerhalb dieser 2 Länder sind sehr besorgniserregend, da sich Polioviren bei niedrigen Impfraten schnell und unbemerkt ausbreiten können. Nur etwa eines von 200 infizierten Kindern entwickelt Lähmungserscheinungen, daher gilt das Auftreten von einem einzelnen Fall wie nun in Malawi bereits als Ausbruch.


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
30. Juni 2022

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  • Literatur

  • 1 Ouma FF, Mulambalah CS. Persistence and Changing Distribution of Leishmaniases in Kenya Require a Paradigm Shift. J Parasitol Res 2021; 2021: 9989581 DOI: 10.1155/2021/9989581.
  • 2 Kenya National Bureau of Statistics. 2019 Kenya population and housing census. Volume II: Distribution of population by administrative units. December 2019