Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2022; 29(02): 41
DOI: 10.1055/a-1775-7053
Editorial

Impfungen in der Reisemedizin

Burkhard Rieke
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Dr. Burkhard Rieke

Liebe Leserinnen und Leser,

in Erwartung eines großen Nachholbedarfs schaut die Reisebranche auf das laufende Jahr. Zwei Jahre lang konnte Deutschland seinem Lieblingshobby nicht frönen – und zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Zeilen ist auch noch nicht klar, wie sich die eskalierenden kriegerischen Auseinandersetzungen und Sanktionen in der Ukraine auf Europa und den Flugverkehr auswirken werden. Kurz vor diesem Reisesommer voller Erwartungen beschäftigt uns also die Frage nach dem Miteinander der Länder, der Energie als Druckmittel und erneuten Flüchtlingsströme. Auf diese Sorgen können wir in diesem Heft nicht eingehen. Vielmehr liegt nun, wie langfristig vorgeplant, das zweite FTR-Heft des Jahres vor Ihnen, in dem seit einigen Jahren das breite Thema reisemedizinischer Impfungen aufgerollt wird. Der von der DTG einberufene und von einigen weiteren Institutionen und Gesellschaften, darunter der DFR, mitgetragene Ständige Ausschuss Reisemedizin (StAR) kümmert sich seit ein paar Jahren unter der Leitung von Frau Rothe/München und Herrn Boecken/Buenos Aires um diese Thematik.

Dabei geht es um einiges mehr als um ein paar Neuerungen auf dem Impfstoffsektor. Insbesondere muss das Risiko, das von einer Erkrankung ausgeht, hinsichtlich Inzidenz unter Reisenden und Verbreitungsgebiet jeweils neu bewertet werden. Hier finden sich durchaus auch kritische Töne zum Umgang mit einzelnen Impfstoffen, etwa bei der Cholera.

Ein wichtiger und im Moment noch nicht gut abschätzbarer Aspekt wird auch der Umgang mit den Impfungen gegen SARS-CoV-2 im internationalen Reiseverkehr sein. Der hochdynamische Prozess der vergangenen Jahre wird sich einordnen in eine Endemie mit saisonalem Muster. Ob diese Situation auf Dauer einen Impfnachweis an Grenzen rechtfertigt, darf bezweifelt werden. Reisende sind nur initial – und für Länder mit Null-Covid-Politik – ein nennenswerter Anteil des Problems.

Mit dem Aufkommen neuer Impfstoffe von reisemedizinischer Bedeutung wird der jährliche Beitrag des StAR vielleicht noch an Gewicht gewinnen. Es geht zunehmend darum, das Risikoprofil von Reisenden zu beschreiben und unter Prioritätensetzung mit einer sinnvollen Kombination von Impfantigenen darauf zu antworten. Allerdings muss allen Beteiligten klar sein, dass qualifizierte Reisemedizin sich nicht im Impfthema erschöpft. Die Minderung reiseassoziierter Gesundheitsgefahren setzt die Kenntnis des/r Reisenden, der Reiseaktivitäten (einschließlich beruflicher) und des bereisten Landes mit seinen natürlichen und sozialen Gegebenheiten voraus. Oft steht am Ende ein Versuch, durch verbale Intervention das Verhalten des/r Reisenden zu verändern – ein mühsames, zeitaufwendiges und oft auch frustrierendes Unterfangen.

Eine lehrreiche Lektüre Ihnen allen!



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Article published online:
30 June 2022

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