Z Geburtshilfe Neonatol 2022; 226(05): 299
DOI: 10.1055/a-1763-8046
Buchtipps

Überraschend, vielfältig in den Themen und opulent in der Ausstattung

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Obladen M. Oxford Textbook of The Newborn. A Cultural and Medical History. Oxford University Press; 2021, ca. 95 € (75 ₤), ISBN 978-0-19-885480-7

„Geschichte ist, weil wir uns erinnern.“ Es gibt nur wenig Zeugnisse über gesunde oder gar kranke Neugeborene. Aber es gibt sie, versteckt in den unterschiedlichsten Quellen, Texten und Bildern. Michael Obladen, langjähriger Professor für Neonatologie an der Berliner Charité, hat „im eigenen Auftrag“ die Aufgabe übernommen, eine „Kultur- und Medizingeschichte des Neugeborenen“ zu schreiben. Ihm kommt das Verdienst zu, zahlreiche Quellen aufgestöbert, ausgewertet und zugänglich gemacht zu haben. Bereits in den 1970er-Jahren hatte er damit begonnen, Bücher und anderes Material über die Perinatalzeit zu sammeln. 2008 begann er, dies alles zu sichten, zu ordnen und ein Manuskript in der Weltsprache Englisch zu Papier zu bringen. Das Buch ist schließlich 2021 bei der renommierten Oxford University Press erschienen. Es ist ein überraschendes und hinsichtlich seiner kaleidoskopartigen Themenvielfalt sowie wegen der zahlreichen, zumeist farbigen Illustrationen auch erstaunliches Buch, das Obladen für (medizin-)historisch interessierte Ärztinnen, Ärzte, Hebammen und Pflegepersonal geschrieben hat. Die Ausstattung ist opulent. Ein umfangreiches Glossar, Kurzbiografien häufig im Buch zitierter Autoren, ein Personen-, Sach- und Ortsregister machen das Buch zu einem lexikalischen Nachschlagewerk. In jedem der 57 Kapitel sind Reproduktionen von Holzdrucken, Stichen oder Gemälden wiedergegeben, die häufig mehr sagen als viele Worte. In den Quellen sind die Worte oft altertümliches Französisch oder Küchenlatein, und der Verfasser dieses Buches hat keine Mühen gescheut, beides zu erlernen. Es ist Obladen gelungen, für jede der zahlreichen Illustrationen eine Abdruckgenehmigung zu bekommen, was eine umfangreiche Korrespondenz mit Verlagen und Archiven voraussetzt. Dieses Buch macht die Geschichtlichkeit medizinischen Handelns, bisweilen schmerzlich, bewusst, und belegt, wieweit Mythen und Aberglaube bis in unsere Zeit reichen! Wer sich beruflich mit Neugeborenen und ihren Müttern beschäftigt, wird es in den Händen halten, darin blättern und lesen wollen.

Prof. Dr. med. Christoph Bührer und Prof. Dr. med. Matthias David, Berlin



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Article published online:
13 October 2022

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