Zusammenfassung
Hintergrund Mit Fortschreiten der COVID-19-Pandemie und der Entwicklung neuer Impfstoffe wächst
in der Öffentlichkeit die Sorge, dass sowohl eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus
als auch eine Coronaimpfung (mRNA-Impfstoffe) zu einer Infertilität bzw. einer
erhöhten Abortrate führen könnten. Besonders junge, in der Reproduktionsphase befindliche
Menschen äußern diese
Ängste. Der vorliegende Übersichtsartikel fasst die aktuellen Daten zum Einfluss
einer SARS-CoV-2-Infektion bzw. einer Coronaimpfung auf die weibliche und männliche
Fertilität am Tiermodell
und auf humaner Seite zusammen.
Methoden Anhand der Schlüsselwörter „COVID 19, SARS-CoV-2, fertility, semen, sperm, oocyte,
male fertility, female fertility, infertility“ wurde eine systematische Literaturrecherche
durchgeführt (Pubmed, Embase, Web of Science). Im Anschluss wurden Originalarbeiten
von Oktober 2019 bis Oktober 2021 ausgewählt und aufgearbeitet.
Ergebnisse Im Tiermodell war trotz des Einsatzes von sehr hohen Impfdosen kein negativer Effekt
auf die Fruchtbarkeit, den Schwangerschaftsverlauf und die fetale Entwicklung
nachweisbar. Auf humaner Seite wurde bei infizierten Frauen keine SARS-CoV-2-RNA
in Oozyten/Follikelflüssigkeit nachgewiesen; ebenso zeigten sich zwischen Genesenen,
Geimpften und Kontrollen
keine Unterschiede hinsichtlich Schwangerschaftshäufigkeit und des Anteils gesunder
Kinder. Ferner beeinflusste die Impfung auch nicht die Lebendgeburtenrate nach einer
assistierten
reproduktionsmedizinischen Behandlung. Bei infizierten und noch infektiösen Männern
wurde in der Mehrzahl der Fälle keine Virus-RNA im Ejakulat nachgewiesen; allerdings
zeigten sich
deutliche Einschränkungen im Spermiogramm, insbesondere nach schwerwiegend verlaufender
Infektion. Bisherige Studien zeigen keinen negativen Einfluss einer Coronaimpfung
auf die männliche
Fertilität.
Diskussion Die aktuellen Studien geben weder im Tiermodell noch auf humaner Seite einen Hinweis
auf eine Einschränkung der Fertilität nach einer Coronaimpfung. Demgegenüber gibt
es
zunehmende Hinweise für negative Auswirkungen einer schweren SARS-CoV-2-Infektion
auf die männliche Fertilität und klare Evidenz für ein erhöhtes Komplikationsrisiko
von Schwangeren bei
einer SARS-CoV-2-Infektion. Die Beratung von jungen Menschen sollte daher sowohl
die Ängste und Sorgen ernst nehmen als auch die aktuelle Datenlage strukturiert erörtern.
Schlüsselwörter
COVID-19 - Corona-Impfung - SARS-CoV-2 - Reproduktion - Spermien - Eizellen - Embryo
- Infertilität