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DOI: 10.1055/a-1717-8210
Derotation mittels „Lasso-Technik“

Video 1 Derotation mittels „Lasso-Technik“ (http://dx.doi.org/10.1055/a-1717-8210).
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Rotierte Zähne stellen seit jeher ein häufiges kieferorthopädisches Problem dar, dessen Lösung in den meisten Fällen einer festsitzenden Multibracketapparatur bedarf. Zur Derotation eines Zahnes wird ein entgegengesetztes Kräftepaar benötigt, welches ein Drehmoment auf die Längsachse des Zahnes appliziert. Die Derotation sollte idealerweise ohne unerwünschte Nebeneffekte im Sinne von translatorischen oder vertikalen Zahnbewegungen vonstattengehen.
Bei der Behandlung mittels Multibracketapparatur muss der Bogen durch den Bracketslot gleiten können, um einen derotierenden Effekt hervorrufen zu können. Hierbei spielt die Friktion zwischen Bracket und Bogen eine entscheidende Rolle. Dem sollte bei der Wahl der Ligatur Rechnung getragen werden [1]. Um die Behandlungszeit zu verkürzen, erfolgt die Derotation von Zähnen sinnvollerweise vollständig in der Nivellierungsphase. Hier reicht die Deformation der Niti-Bögen häufig nicht aus, um ein Kraftniveau zu erreichen, welches eine effiziente Derotation ermöglicht. Je kleiner die mesiodistale Dimension der Brackets, umso schwieriger ist die Rotationskontrolle. In der Literatur wurden diverse Mechaniken entwickelt, um dieses Problem zu adressieren [2] [3]. Eine Korrektur von Derotationen gegen Ende der Behandlung mittels individueller Biegungen kann zu einer Abweichung von der idealen Zahnbogenform führen ([Abb. 1]), da aufgrund der höheren Friktion bei annähernd slotfüllenden Bögen ein Gleiten des Brackets auf dem Bogen reduziert oder gänzlich verhindert wird.


Bereits in den Anfängen der Lingualtechnik wurde die Derotation von Zähnen mittels sogenannter „lasso elastics“ beschrieben [4] [5]. Hierbei wird eine elastische Kette um den Bogen geknotet, unterhalb der Approximalkontakte um den Zahn herumgeführt und abschließend um das Bracket ligiert ([Abb. 2]). Die Mechanik kann sowohl bei lingualen als auch bei vestibulären Multibracketapparaturen angewandt werden und verfügt über eine hohe Effizienz.


Applikation und klinischer Einsatz
Zur Applikation einer Lasso-Mechanik werden eine elastische Kette sowie eine zahnärztliche Sonde, eine Mosquitozange und ein Ligaturencutter benötigt. Es wird empfohlen, die Mechanik sowohl zur Vermeidung von Nebenwirkungen als auch zur Erhöhung der Effizienz auf Nickel-Titan-Bögen der Stärken .016“ bis .016x.022“ zu verwenden. Falls ein Lasso auf dünneren Bögen notwendig ist, sollten die Kräfte deutlich reduziert werden. Die Länge der elastischen Kette bei der Anbringung beträgt idealerweise bei geübten Behandlern 6 Module ohne Zwischenstücke, von welchen üblicherweise 3 Module für das Lasso bei Inzisiven und Eckzähnen verwendet werden – bei Prämolaren und Molaren ist gegebenenfalls eine entsprechend größerer Anzahl Module notwendig.
Die Richtung der Rotation des entsprechenden Zahnes sowie die Lokalisierung des Brackets auf dem Zahn entscheiden über die Position der Befestigung am Bogen. Bei vestibulären Bracketsystemen erfolgt diese auf der Seite, zu der der entsprechende Zahn rotiert ist – bei einem Zahn im mesialen Drehstand wird die elastische Kette mesial dieses Zahnes am Bogen befestigt, bei distalem Drehstand distal davon. Bei lingualen Bracketsystemen verhält es sich genau umgekehrt – hier wird die elastische Kette bei mesialem Drehstand des Zahnes distal von diesem am Bogen fixiert, bei distalem Drehstand mesial.
Das erste Glied der Kette wird über die Spitze der Mosquitozange gezogen ([Abb. 3a]). Danach wird das lose Ende der elastischen Kette an der entsprechenden Position unterhalb des Bogens entlanggeführt ([Abb. 3b]) und mit der Moskitozange gegriffen – hier kann die Sonde zu Hilfe genommen werden ([Abb. 3c]). Nun ist es wichtig, den Knoten stramm zu ziehen ([Abb. 3d]). Die Kette wird nun durch den Approximalkontakt im Bereich des Knotens geführt. Hierbei muss darauf geachtet werden, die Gingiva nicht zu verletzen. Danach führt der Behandler die mit der Mosquitozange gegriffene Kette auf der anderen Seite des Zahnes zuerst unterhalb des Bogens danach durch den Approximalkontakt hindurch. Dies ist unbedingt notwendig, um ein Abgleiten der Lasso-Mechanik nach okklusal zu verhindern. Auch hier kann die zahnärztliche Sonde zu Hilfe genommen werden ([Abb. 3e]). Nun ist es erneut wichtig, die elastische Kette stramm zu ziehen, um ein ausreichendes Kraftniveau zu erzielen ([Abb. 3f]). Abschließend wird das erste freie Modul um das Bracket ligiert und die überschüssigen Module mittels Ligaturencutter gekürzt ([Abb. 3g]). Die Applikation der Mechanik bei lingualen Brackets ist ebenfalls dem Video zu entnehmen und erfolgt analog. Gegebenenfalls kann es – besonders bei Eckzähnen – zur Vermeidung eines Abrutschens der elastischen Kette nach okklusal notwendig sein, auf der dem Bracket gegenüberliegenden Zahnfläche mittels Schmelz-Ätz-Technik etwas Flowable-Komposit aufzutragen.




Bei selbstligierenden Brackets, wie in den Abbildungen ersichtlich, kann auf eine zusätzliche Ligatur verzichtet werden. Falls konventionell ligierende Brackets zur Anwendung kommen, sollte zur Vermeidung einer Überkorrektur zusätzlich eine Stahlligatur verwendet werden, welche zur Verringerung der Friktion wie von Schumacher et al. empfohlen [1] nach der Fixierung ca. 90° aufgedreht werden sollte. Je nach Umfang des Zahnes muss die Kraft der Mechanik entsprechend der Expertise des Behandlers gewählt werden, ebenso die Kontrollzeiträume, um eine Überkorrektur oder Nebenwirkungen zu vermeiden.
Die Entfernung der Lasso-Mechanik wird in umgekehrter Reihenfolge durchgeführt. Zuerst löst der Behandler die elastische Kette um das Bracket herum, danach zwischen den Kontaktpunkten und abschließend wird mittels Sonde der Knoten am Bogen entfernt – auch dies wird im Video demonstriert.
Die ([Abb. 4a]) zeigt ein klinisches Beispiel mit den unteren seitlichen Inzisiven im mesialen Drehstand und Applikation von je einem Lasso auf diesen Zähnen. Nach weniger als 8 Wochen konnte die Derotation der beiden Zähne vollzogen werden ([Abb. 4b]).
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Publication History
Article published online:
29 June 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Schumacher HA, Bourauel C, Drescher D. Der Einfluss der Ligatur auf die Friktion zwischen Bracket und Bogen. J Orofac Orthop 1990; 51: 106-116
- 2 Sander C, Sander FM, Sander FG. The Derotation of Premolars and Canines with NiTi Elements. J Orofac Orthop 2006; 67: 117-126
- 3 Shastri D, Tandon P, Singh GP. et al. A New Rotation Correction Technique: Technique Clinic. J Ind Orthod Soc 2014; 48: 566-569
- 4 Jasmeet R, Mandeep B, Pooja K. et al. Show your smile…not braces – lingual orthodontics. International Journal of Current Research 2016; 8: 37248-37253
- 5 Wiechmann D. Modulus-Driven Lingual Orthodontics. Clinical Impressions 2001; 10