Nervenheilkunde 2022; 41(01/02): 42-54
DOI: 10.1055/a-1687-9822
Schwerpunkt

Die Migränepersönlichkeit

Mythen und Fakten
Evers Stefan
1   Klinik für Neurologie, Krankenhaus Lindenbrunn, Coppenbrügge
2   Medizinische Fakultät, Universität Münster
,
Astrid Gendolla
3   Neurologische Praxis, Essen
,
Gunther Haag
4   Klinik in der Zarten, Hinterzarten
,
Tim P. Jürgens
5   Klinik für Neurologie, Neurozentrum, KMG Klinikum Güstrow
6   Kopfschmerzzentrum Nordost, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Rostock
,
Peter Kropp
1   Klinik für Neurologie, Krankenhaus Lindenbrunn, Coppenbrügge
,
Uwe Reuter
8   Klinik für Neurologie, Charité Universitätsmedizin Berlin
9   Universitätsmedizin Greifswald
› Institutsangaben
Preview

ZUSAMMENFASSUNG

Die Suche nach einer Migränepersönlichkeit ist in der Medizingeschichte nicht neu. Es gab verschiedene Ansätze, alle Menschen mit Migräne einem bestimmten Persönlichkeitstypus zuzuordnen. Dies ist aus heutiger Sicht gescheitert, obwohl es Verhaltensmerkmale und kognitive Besonderheiten gibt, die bei der Mehrzahl der Menschen mit Migräne auftreten. Dazu gehören ein unspezifisch erhöhter Neurotizismus-Score (am ehesten durch die Schmerzen bedingt) und eine mangelnde Habituation auf kognitive Reize zwischen den Migräneattacken. Ein weiterer Aspekt der „Migränepersönlichkeit“ ist die Komorbidität mit einigen psychiatrischen Erkrankungen wie Depression und Angsterkrankungen. Hierbei handelt es sich möglicherweise um gemeinsame pathophysiologische Grundlagen, die aber nicht in ein konsistentes psychiatrisches Krankheitsprofil bei Menschen mit Migräne münden. Weiterhin muss bei den Auswirkungen der Migräne auf die Betroffenen auch die deutlich beeinträchtigte Lebensqualität berücksichtigt werden, die inzwischen mit krankheitsspezifischen Instrumenten erfasst wird. Abschließend gibt dieser Artikel auch Hinweise, wie die o. g. spezifischen Aspekte der Migränepatienten im ärztlichen Gespräch berücksichtigt werden können.

ABSTRACT

Approaches to detect a specific migraine personality are not new in the history of medicine. Different scientific ways have been described to categorize all migraine subjects into one personality. This has failed to date although there are behavioral and cognitive properties which can be observed in a majority of migraine subjects. In particular, an increased neuroticism (due to the pain) and lack of cognitive habituation should be considered in this context. Another aspect of “migraine personality” is the comorbidity with some psychiatric disorders such as depression and anxiety disorders. A common pathophysiological background can be assumed; however, this does not lead to a specific psychiatric profile of all migraine subjects. Further, consequences of the impaired quality of life in subjects with migraine should be considered which are nowadays evaluated by disease specific measures. Finally, this article gives recommendations how to integrate these aspects into the consultation of subjects with migraine.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
09. Februar 2022

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